Vom halben Hähnchen bis zum Frühstücksei, vom Schokokuchen bis zu Spätzle: Eiprodukte und Geflügel sind in vielen Haushalten fester Bestandteil der täglichen Küche. Damit das weiterhin mit grünem Gewissen möglich ist, stellt green Lifestyle Betriebe vor, die einen hohen Wert auf eine artgerechte Hühnerhaltung legen.
Glückliche Hühner sind (nicht) Vergangenheit
In einem Hit der 1930er-Jahre hieß es noch Ich wollt, ich wär‘ ein Huhn.
Seither hat sich in der Hühnerhaltung jedoch einiges verändert und der Text des Meistersextetts aus Berlin würde heute sicherlich anders lauten. Glückliche Hühner, die den ganzen Tag auf der Wiese picken, sich eine Pause auf der Sitzstange gönnen und rumgackern, wie es ihnen beliebt, findet man in Deutschland nur noch selten.
Legehennen in Deutschland
Laut den aktuellen Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)* lebten 2017 im Schnitt 40,6 Millionen Legehennen in Deutschland – etwa 65 Prozent von ihnen in Bodenhaltung. Betriebe mit ökologischer Erzeugung machen mit rund vier Millionen Tieren nur zehn Prozent aus.
Die umstrittenen Kleingruppenkäfige, auch Kleinvolieren genannt, bilden in dieser Aufstellung immerhin das Schlusslicht der Haltungsmethoden in Deutschland: Trotzdem zwängten sich 3,2 Millionen Hühner vergangenes Jahr auf engstem Raum.
Jedem Huhn stehen gerade einmal 800 Quadratzentimeter zur Verfügung, etwa die Deckelgröße eines Aktenordners. Das ist zwar mehr, als bei der seit 2010 verbotenen Haltung in Legebatterien, aber dennoch weit entfernt von einer artgerechten Hühnerhaltung.
Massentierhaltung stoppen
Bis Ende 2025 soll diese Haltung ebenfalls per Gesetz abgeschafft werden, eine Verlängerung dieser Auslauffrist wird in besonderen Härtefällen bis 2028 gewährt. Seit dem Beschluss im Jahr 2015 werden neue Kleingruppenkäfige daher nicht mehr genehmigt. Von Januar bis Dezember 2017 sank die Zahl der Betriebe mit Kleingruppenhaltung jedoch erst von 106 auf 100. Das sind bereits Schritte in die richtige Richtung, allerdings noch keine Meilensteine in Sachen artgerechte Tierhaltung. Das haben sich die folgenden Betriebe und Initiativen ebenfalls gedacht und die Haltung von Geflügel nach eigenen Standards für die Tiere verbessert.
Hühner richtig halten
Wildhühner leben in kleinen Gruppen um einen Hahn zusammen. Sie streifen auf der Futtersuche umher, scharren und picken im Boden nach etwas Essbarem: Würmer und Insekten, Samen, Körner und Knospen. Zum Schlafen flattern die Tiere auf Äste oder andere hohe Sitzgelegenheiten, die sie nachts vor Fressfeinden wie dem Fuchs beschützen. All das ist Teil des natürlichen Verhaltens eines Huhns und es sollte bei einer artgerechten Haltung dieses auch ausleben können. Außerdem muss es für die Hühner eine Möglichkeit geben, Staub- sowie Sandbäder zu nehmen und einen überdachten Außenbereich, damit die Tiere auch bei schlechtem Wetter frische Luft bekommen oder sich vor starker Sonne schützen können.
Artgerechte Hühnerhaltung erkennen
Am besten ist es, man kauft seine Eier direkt auf einem Hof, auf dem man mit eigenen Augen sehen kann, wie die Hühner dort leben. Allerdings ist das nicht immer möglich. Wer beim Einkauf auf Supermärkte angewiesen ist, kann bei Eiern dennoch einiges beachten: Eier sind immer mit einem Zahlencode bedruckt. Dieser gibt an, wo das Ei herkommt.
Die erste Ziffer gibt die Art des Betriebs an, darauf folgen ein Ländercode und eine Betriebsidentifikationsnummer. Beginnt der Zahlencode auf dem Ei mit einer 0, stammt es aus ökologischer Erzeugung. Zusätzlich können Siegel und Zertifikate helfen, die richtigen Eier zu finden: Bioland, Naturland und Demeter haben beispielsweise strengere Richtlinien, als die EU-Vorgaben für Bioprodukte.
Diese Marken und Initiativen setzen sich für glückliche Hühner ein
Bickus: Sechs Biolandwirte aus Hessen bewirtschaften ihre Betriebe nach Bioland- und Naturland-Richtlinien: maximal 140 Hennen auf einem Hektar Nutzfläche, Freilauf, überdachter Wintergarten für Schlechtwettertage. Das Futter kommt in Bioqualität aus
eigener Erzeugung und wird mit dem Mist der Hennen gedüngt. Dadurch besteht ein geschlossener Nährstoffkreislauf, der den Tieren und der Natur zu Gute kommt. Um nachvollziehen zu können, was nach den Legeperioden mit den Biohennen passiert, gründeten sie nach dem Motto „Ein Huhn – mehr Wert“ die Hessische Biohuhn eG. Gemeinsam mit zwei Bioland-zertifizierten Schlachtereien und Vermarktern nehmen sie die Weiterverwertung des hochwertigen Biofleischs selbst in die Hand. Unter der Marke Bickus kann man Biosuppenhühner, Biohühnerbrustfilet oder Bioleberwurst von den nordhessischen Legehennen in den Hofläden oder online von den Erzeugern kaufen.
Die Biohennen: Seit 1996 gibt es die Gemeinschaft Die Biohennen. Die heute rund 30 Familienbetriebe gehören ökologischen Verbänden wie Biokreis, Bioland oder Naturland an und erfüllen zusätzlich die eigenen Richtlinien der Legegemeinschaft, die weitgehend über denen der deutschen Öko-Verbände liegen. Besonders wichtig ist die Transparenz: So kann man online anhand der Betriebsnummer auf den Eiern nachvollziehen, von welchem Hof diese stammen.
Portraits vom Betrieb und den Menschen dahinter geben Einblicke in das Leben der Hühner und das Engagement der Bauern. Mit den Produkten Hahn-Henne-Ei und den Geschwister-Eiern finanziert die Erzeugergemeinschaft die Aufzucht der männlichen Küken. Auf lange Sicht setzen Die Biohennen allerdings auf das Zweinutzungshuhn, bei dem Hennen Eier legen und die Hähne gemästet werden können – zwar nicht in dem Maß wie die auf Leistung gezüchteten Hybridrassen, dafür jedoch ethisch vertretbar.


Schluss mit Kükenschreddern
Bruderhahn Initiative Deutschland e.V.: Gegen das Kükensterben macht sich auch die Bruderhahn Initiative Deutschland e. V. stark. Mehr als 25 Millionen Eier wurden seit 2012 mit dem Aufpreis „4 Cent für die Ethik“ verkauft. Drei Cent fließen in die Aufzucht der männlichen Küken, auch Bruderhähne genannt, nach den Vorgaben der Bioland- oder Demeter-Verbände.
Mindestens 14 Wochen leben die Hähne, bevor sie für die Herstellung von hochwertigen Lebensmitteln geschlachtet werden. An der Initiative beteiligen sich mittlerweile knapp 40 Landwirte, mehrere Verarbeitungsbetriebe sowie Vermarkter und dennoch wird das Engagement nur als Zwischenlösung betrachtet: Langfristig sollen Hühner, die nur zu einem Zweck, entweder zum Eierlegen oder zur Mast, gezüchtet wurden, durch sogenannte Zweinutzungsrassen ersetzt werden.
Um das zu erreichen, arbeitet der Verein eng mit der Ökologischen Tierzucht gGmbH zusammen, deren Ziel es ist, die Zuchtstrukturen für ökologisches Geflügel in diese Richtung zu lenken.
Ein Zeichen gegen das Töten männlicher Küken setzten Koch Vincent Fricke und Landwirt Ingmar Jaschok im Sommer 2019 in München.
Um zu beweisen, dass ein Systemwandel in der Landwirtschaft und Gastronomie durchaus sinnvoll ist, luden sie zu einem Pop-up Dinner ein: „Ingmar hat zehn seiner Hähne zur Verfügung gestellt und daraus habe ich 6 Gänge kreiert, bei denen das Produkt im Vordergrund steht, nicht zu komplex, aber trotzdem aufregend und in der Gastronomie für jedermann einsetzbar sind“, erklärt der Koch aus München.
Damit sollte demonstriert werden, dass es kein Verlustgeschäft sein muss, wenn man Hähnen ein Leben schenkt. Wie das 6-Gänge-Menü bei den geladenen Gästen ankam, zeigt dieses Video:
Haehnlein: In Mecklenburg-Vorpommern hat sich eine Gemeinschaft aus kontrolliert ökologischen Betrieben gegründet, die männliche Küken nicht länger töten wollten.
Die Junghähne der Legerassen setzen nur sehr langsam Fleisch an, legen keine Eier und sind daher nicht wirtschaftlich. Deshalb werden die kleinen Küken in den meisten – auch ökologischen – Betrieben nach nur einem Tag getötet. Anders bei der Erzeugergemeinschaft Fürstenhof. Finanziert wird die Aufzucht der Hähne unter biologischen Haltungsbedingungen durch die etwas teureren Eier der Legehennen.
Die Tiere werden dann zu Leithähnen für die Hühnerherde oder zu qualitativen Geflügelprodukten. Hähnchen, Brustfilet, Keule und Flügel in Bioqualität werden deutschlandweit unter der Marke Haehnlein im Einzelhandel angeboten. Außerdem soll es bald einige Biofertiggerichte geben.
Veganer Ei-Ersatz
Biozertifiziert, vegan, rein pflanzlich auf Basis von Maisstärke und zum Verwechseln ähnlich: Ey Weiss, Voll Ey und Ey Gelb von My Ey gleichen von der Beschaffenheit her so sehr einem Hühnerei, dass damit sogar vegane Spiegeleier, Eischnee und Eierlikör zubereitet werden können. Das Pulver wird im Verhältnis eins zu fünf angerührt.
Das gold-gelbe Pulver Bobei von Pure Raw wird aus der Mikroalge Chlorella gewonnen, hat keine weiteren Zusatzstoffe und ersetzt Eier sowie Butter in der Küche. Ein Esslöffel Bobei mit 40 Milliliter Wasser vermengt entspricht einem Ei, Butterersatz entsteht durch 30 Gramm und etwas Wasser.
Alternativen zu Ei
Leinsamen: Feingemahlen wird aus den braunen Körnchen gutes Bindemittel beim Backen von Kuchen, Muffins oder Brot. Ein Esslöffel gemahlene Leinsamen mit drei Esslöffeln Wasser ergeben ein Ei.
Fruchtmus: Eine saftige und gleichzeitig lockere Konsistenz von Kuchenteig ohne Ei kann mit Obstpüree erreicht werden. Eine halbe Banane, drei Esslöffel Apfelmus oder Avocado ersetzen bei süßen Gerichten ein Ei. Für herzhafte Backwaren eignen sich Gemüsepürees, beispielsweise aus Kürbis.

Kichererbsenwasser: Eingelegte Kichererbsen aus dem Glas machen sich gut im Salat oder zur Weiterverarbeitung für leckere Speisen. Bevor das Wasser weggeschüttet wird, kann man daraus Eischnee zaubern: einfach mit ein bisschen Johannisbrotkernmehl oder Backpulver schaumig schlagen.
Johannisbrotkernmehl: Luftig und soft schmecken und Waffeln und Rührkuchen am besten. Für diese Konsistenz sorgt Johannisbrotkernmehl. Um ein Hühnerei im Rezept zu ersetzen, einen Esslöffel Mehl mit etwa zwei Esslöffeln Wasser vermengen.
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*Quelle: Statistisches Bundesamt. Erfasst sind Unternehmen mit mindestens 3000 Hennenhaltungsplätzen. Stand März 2018, destatis.de, bmle.de
Fotos: © Bickus; Die Biohennen; Grad13; Bruderhahn Initiative Deutschland e. V.; MyEy; Pure Raw; Anton Ivanov, C.Lotongkum, Kemeo, MaraZe, zishusha / Shutterstock.com
Text Lisa Rupp