Lange diente der Emmer, eine der ältesten kultivierten Getreidearten, als wichtige Nahrungsgrundlage in Deutschland. Im Laufe der letzten Jahrhunderte fast völlig von unseren Äckern verschwunden, ist er nun als sogenanntes Urkorn wieder langsam im Kommen.

Text Almut Gaude/Judith Freund/BUND

Der Emmer (Triticum dicoccum), auch Zweikorn genannt, ist eine Pflanzenart der Gattung Weizen (Tirticum) und gehört zur Familie der Süßgräser (Poaceae). Er zählt neben dem Einkorn zu den ältesten kultivierten Getreidearten.

Der Emmer - uralte Getreideart

Das Urkorn Emmer hält langsam wieder Einzug in den Feldern. Foto © MonikaP von Pixabay.com

Steckbrief

Merkmale: Besitzt je zwei Körner pro Ährchen; Körner sind von schützenden Hüllen (Spelze) fest umgeben; Ähren sitzen auf bis zu 1,50 Meter hohen Halmen, also deutlich höher als die von Weizen

Ährenfarben: Roter, Schwarzer und Weißer Emmer

Sorten: Ramses, Roter Heidfelder, Späth’s Albjuwel

Anbaugebiet: Kommt gut mit einem geringen Nährstoffangebot auch auf mageren und trockenen Böden aus, wird in Deutschland meistens im Umkreis von einigen innovativen Mühlen angebaut.

Gefährdung: Auf Roter Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland

Eine fast verlorene uralte Getreideart

Emmer ist ein uraltes Korn: Er gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und wurde vor tausenden von Jahren aus Wildgräsern entwickelt. Er wächst mit bis zu 1,50 Metern deutlich höher als Weizen oder Roggen und zeichnet sich durch zwei Körner pro Ährchen aus. Diese sind von sogenannten Spelzen umgeben, eine Hülle, die das Korn vor schädlichen, äußeren Umwelteinflüssen wie Verschmutzungen aus der Luft oder vor Krankheiten schützt. Gleichzeitig ist der Spelz auch ein Nachteil, da er das Emmer-Korn so fest umschließt, dass er in einem zusätzlichen Verarbeitungsschritt in einer Mühle von seiner Hülle getrennt werden muss. Weizen verliert hingegen schon beim Dreschen seinen Spelz.

Als rund 11 000 vor Christus unsere Vorfahren sesshaft wurden und anfingen, Ackerbau zu betreiben, zählte der Emmer zu ihren Gründerpflanzen. Seine Ursprünge hat der auch als Zweikorn bekannte Emmer im Vorderen Orient. In der Jungsteinzeit fand man den Emmer hier in fast jeder Siedlung als Hauptgetreide. Zur Zeit der Pharaonen war Emmer das Brotgetreide der Ägypter. Vermutlich brachten römische Legionäre das Zweikorn von Ägypten nach Rom, wo er zum wichtigsten Brotgetreide wurde. Ab etwa 5 000 vor Christus diente er auch in Deutschland als Ernährungsgrundlage, wurde jedoch ab dem Mittelalter von ertragsstärkeren Getreidearten wie Dinkel und Weichweizen nach und nach verdrängt. Zudem nahm die industrialisierte Landwirtschaft des 20. Jahrhunderts ertragsstarke und einfach zu verarbeitende Getreidearten in den Fokus, wodurch der Emmer auf den Äckern in Deutschland nahezu verschwand.

Der Weg zurück auf deutsche Äcker

Knappe 75 Prozent der deutschen Ackerfläche werden von nur fünf Kulturen dominiert – Weizen, Gerste, Mais, Raps und Roggen. Diese starke Einschränkung der Nutzpflanzenvielfalt erhöht die Gefahr von Krankheiten und Schädlingen. Das wiederum macht einen höheren Einsatz von Pestiziden nötig und reduziert die Artenvielfalt von Wildpflanzen und -tieren. Dank engagierten Mühlen und Landwirten, Saatzuchtanstalten und Forschern werden inzwischen immer häufiger unterschiedliche Emmer- und andere Urkornsorten angebaut und so die Biodiversität auf den Äckern erhöht.

Die Vorteile des Urkorns

Der Emmer benötigt weniger Dünger als Weizen und schont damit Böden und Gewässer. Er weist mehr Protein und Mineralstoffe auf als Weizen und er hat einen besonderen Geschmack. Das mit ihm gebackene Brot schmeckt nussig und das aus ihm gebraute Bier kräftig-würzig. Der Emmer eignet sich hervorragend für regionale Produktionsketten, die Verbraucher immer stärker nachfragen. Allerdings ist er nach wie vor ein Nischenprodukt. Um das zu ändern, so ist sich Emmer-Experte Professor Friedrich Longin von der Universität Hohenheim sicher, müssen Saatguthändler, Landwirte, Müller und Endprodukthersteller gemeinsam eine Strategie zur Vermarktung von Emmer-Premiumprodukten entwickeln und eine stabile Wertschöpfungskette schaffen. Der Emmer biete eine Reihe von Vorteilen, sowohl auf dem Feld als auch im Endprodukt – diese müssten nun noch erfolgreich kommuniziert werden.

Emmer Getreideart

Nahaufnahme Emmer Getreideart. Foto © Annette Meyer von Pixabay.com

Der BUND setzt sich für den Erhalt des Emmers ein

… und fordert:

  • Um seltene Pflanzensorten besser zu schützen, müssen sie angebaut und genutzt werden – dafür muss sich ihr Anbau jedoch auch lohnen.
  • Es braucht eine andere EU-Agrarpolitik: Anstatt Geld weiter mit der Gießkanne pauschal nach der Flächenausstattung der Bauernhöfe zu verteilen, müssen die Milliarden aus Brüssel dafür genutzt werden, gesellschaftliche Leistungen der Landwirte zu honorieren. Für Klimaschutz, Tierwohl und den Erhalt der Artenvielfalt.

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Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) ist eine nicht-staatliche Organisation. Er setzt sich für Umwelt und Natur ein, indem er sich unter anderem für ökologische Landwirtschaft, das Klima, den Ausbau regenerativer Energien sowie den Schutz bedrohter Arten, des Waldes und des Wassers engagiert. green Lifestyle veröffentlicht regelmäßig informative Beiträge der Organisation.