Süßer, reinrassiger Welpe günstig abzugeben! Hinter diesen Worten steckt oft der Missbrauch zahlreicher Hunde in Osteuropa. Die Nachfrage für Hunde ist während der Pandemie gestiegen – beste Voraussetzungen für illegalen Welpenhandel. Worauf es vor dem Hundekauf zu achten gilt:
Text Lisa Rupp
Annas Bauch hängt bis zum Boden. Ihre Zitzen sind ausgeleiert und dauerhaft geschwollen zugleich. Anna produzierte Welpen – bis zu vier Würfe im Jahr – für Menschen, die ihr die Hundebabys zu früh wegnahmen und diese in Deutschland oder anderen europäischen Ländern als Schnäppchen verkauften. Anna ist eine Mopsdame aus einem Vermehrerbetrieb.
In Osteuropa füllen diese Betriebe ganze Landstriche. Dort hausen Hunde in Verschlägen, Zwingern, Kartons, ohne Tageslicht in dunklen Kellern oder eingezäunt im Hinterhof – ohne Schutz vor Wetter. Wenn die Hunde etwas zu essen bekommen, ist es selten mehr als altes, in Wasser eingeweichtes Brot. Aus Hunger fressen die Tiere ihre eigenen Fäkalien. Zwischenzeitlich gebären sie süße Hundebabys, die viel zu schnell von ihrer Mutter getrennt werden.
Zurück bleiben stümperhaft vernähte Kaiserschnittnarben, unbehandelte Ekzeme an den Pfoten, Entzündungen an der Gebärmutter und am ganzen Körper. So lange sich die Welpen verkaufen lassen und die Hündin weiter produzieren kann, besteht kein Handlungsbedarf. Andernfalls werden sie entsorgt. Bis zum Tod vernachlässigt, am Straßenrand ausgesetzt, im Hinterhof überfahren, weitergegeben als Köder für Hundekämpfe, an eine Tötungsstation oder eine Tierschutzorganisation.
Illegaler Welpenhandel unterstützt Tierquälerei
Diese Höfe existieren, weil illegaler Welpenhandel ein lukratives Geschäft ist. Schwere Armut in der Bevölkerung und die Aussicht auf ein Zubrot schaffen die Basis, Schnäppchenjäger und ahnungslose Käufer halten den Teufelskreis am Laufen. „Kostet ein Welpe weniger als 1.000 Euro, ist das verdächtig“, sagt Petra Schneider. Sie ist Mitbegründerin der Plattnasenhilfe e. V., einem Verein, der Vermehrerhunde rettet und in ein liebevolles Zuhause weitervermittelt. „Bei einer seriösen Zucht decken 1.000 Euro kaum die Ausgaben für Futter, Tierarzt und die Pflichtimpfungen. Die Billigwelpen haben allerhöchstens gefälschte Dokumente“, erklärt sie weiter.
Für etwa 30 Euro pro Welpen kaufen die Händler die Tiere beim Vermehrer ein. Für etwa 800 Euro werden sie bei E-Bay- Kleinanzeigen und anderen Portalen angeboten: „Liebevolle Hobbyzucht“ liest man dort. „Die Händler haben dazugelernt. Welpen werden kaum noch aus dem Kofferraum auf einem abgelegenen Parkplatz verkauft. Ein Häuschen mit Garten wirkt viel seriöser und der Käufer schöpft keinen Verdacht.“ Zu Unrecht: Für jeden verkauften Billigwelpen muss ein misshandeltes Muttertier in Osteuropa einen neuen produzieren.
Petra Schneider fährt selbst so oft es geht in die Länder, um Hunde aus den Betrieben und aus Tötungsstationen zu holen: „Das wirklich schwierige ist, fünf Hunde zu retten und 30 andere zurückzulassen!“ Sie handeln und diskutieren mit den Leuten vor Ort. Geld zahlen sie nicht. Tauschgeschäfte, die den Tieren zu Gute kommen, sind ein Kompromiss. Decken und Futter gegen die Freiheit von ein paar Hunden. Einer dieser selbsternannten Züchter wollte lediglich einen Blumenkohl für einen Hund. Die Armut und der Wert eines Hundelebens werden an diesem Beispiel deutlich. Zusätzlich arbeitet die Plattnasenhilfe mit Helfern vor Ort zusammen, die zu ihrer Sicherheit anonym bleiben müssen: „Am Welpenhandel verdienen zu viele Personen und kriminelle Banden“, erklärt Petra. „Einer der Vermehrer hatte uns angeboten, von seinem Hof aus andere umliegende Betriebe zu beobachten. Kurz darauf wurde er nachts abgefangen und krankenhausreif geprügelt.“
Misshandelte Hunde für billige Welpen
Skrupel haben Vermehrer keine. Schon gar nicht gegenüber den Tieren: Benötigt eine Hündin einen Kaiserschnitt, wird sie im Stand fixiert, örtlich betäubt und seitlich aufgeschnitten. Seitlich, damit sie ihre Welpen säugen kann, nachdem die Wunde notdürftig mit Draht vernäht wurde.
Was genau die acht Jahre alte Mopsdame Anna alles durchgemacht hat, weiß nur sie selbst. Im Schlaf jault und bellt sie oft. Als sie nach Deutschland zu ihrer Pflegestelle bei einem Münchener Pärchen kam, wirkte sie fast apathisch. Nina Nuißl und Halil Güldüre nehmen gerettete Hunde auf und kümmern sich um die Tiere, bis sie in ihr neues Zuhause können. „Als wir von der Plattnasenhilfe gehört hatten, war uns schnell klar, dass wir unseren Teil beitragen möchten“, erzählt Halil. Wenn die Hunde ankommen, sind sie in einem schlimmen Zustand: „Sie stinken, das Fell ist verklebt und dreckig – alles voller Kot und Urin. Sie kennen keinen Auslauf, können sich kaum bewegen.“ Viele zucken zusammen, wenn man sich etwas schneller auf sie zubewegt. Das Paar hat bereits seit drei Jahren eine Möpsin: Amy. Anna hat es sehr geholfen, sich an einem anderen Hund orientieren zu können. „Als Anna zu uns kam, lag sie fast nur im Körbchen. Seither hat sie sich total gewandelt“, sagt Nina stolz. Besucht man das junge Pärchen, ist Anna die Erste, die einen begrüßt und sich ihre Streicheleinheiten abholt. Den ganzen Tag wedelt ihr Schwanz von links nach rechts und wieder zurück. Ein Ausdruck der Freude. Nur wenn sie schläft, hat der Schwanz Wedelpause. Verfressen und neugierig ist sie außerdem: „Manchmal läuft sie im Park anderen Menschen hinterher, die eine Einkaufstüte dabei haben“, erzählt Nina und lacht. „Es könnte ja was zu essen in der Tasche sein!“ Die meisten Pflegehunde bleiben nur wenige Tage, maximal zwei Wochen bei dem Paar. Anna bleibt länger. Sie hat ihr Zuhause gefunden.
Illegalen Welpenhandel stoppen
Solange es Käufer gibt, wird der illegale Welpenhandel und damit der Missbrauch der Hunde in Osteuropa kein Ende finden. Die Nachfrage bestimmt auch hier das Angebot. Daher ist Aufklärung für viele Vereine der erste Schritt, um den Hunden in Osteuropa zu helfen.
Darauf sollten Sie beim Kauf eines Hundewelpen achten:
Die Elterntiere
Werden Ihnen die Eltern der jungen Hunde nicht gezeigt oder verhalten sie sich gegenüber den Welpen desinteressiert und nicht fürsorglich, ist das verdächtig. Außerdem sollte es Ihnen möglich sein, die Hunde bereits vor dem Kauf regelmäßig zu besuchen.
Die Welpen
Verspielt, aufgeschlossen und munter sollten die kleinen Hunde sein. Wirken sie verängstigt oder apathisch, stimmt etwas nicht. Welpen dürfen frühestens im Alter von acht Wochen von ihrer Mutter getrennt werden. Hunde aus dem Ausland benötigen eine wirksame Tollwut-Impfung und müssen daher mindestens zwölf Wochen alt sein. Machen die Tiere einen jüngeren Eindruck, ist das möglicherweise ein Zeichen für illegalen Welpenhandel.
Der Züchter
Seriöse Züchter stellen Fragen und möchten, dass die Hunde ein gutes Zuhause bekommen. Soll der Handel so schnell wie möglich abgewickelt werden, liegt der Verdacht nahe, dass die Hunde unseriöser Herkunft sind.
Überprüfen Sie den Anbieter bei einem Internet-Angebot. Mehrere Inserate mit den gleichen Bildern oder verschiedene Rassen, die von einem Profil angeboten werden, sprechen für Welpen aus Vermehrerbetrieben.
Kaufvertrag und Papiere
Achten Sie darauf, dass der Kaufvertrag juristisch korrekt ist. Sind die Papiere für den Welpen in Osteuropa ausgestellt oder machen einen eigenartigen Eindruck, könnten sie gefälscht sein.
Der Preis
Ein reinrassiger Welpe aus seriöser Zucht hat einen Preis im vierstelligen Bereich. Ein niedrigerer Preis sollte immer Grund zur Skepsis sein. Umgekehrt ist ein hoher Preis jedoch kein Garant für eine bedenkenlose Herkunft der Tiere.
Sind Sie auf verdächtige Händler aufmerksam geworden, geben Sie der örtlichen Polizeidienststelle, dem Veterinäramt und einer Tierschutzorganisation Bescheid.
Quellen: Plattnasenhilfe e. V.,Vier Pfoten – Stiftung für Tierschutz, VDH, Europäische Tiernotrettung e. V., Wühltischwelpen – nein danke!
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