Insgesamt 25 Fledermausarten gibt es in Deutschland und die Blechsteinfledermaus ist in zweierlei Hinsicht eine ganz besondere unter ihnen: Sie jagt nicht nur Fluginsekten, sondern sammelt diese auch in gekonnten Flugmanövern von Blättern und vom Boden ab. Und: Sie benötigt einen sehr speziellen Lebensraum. 

Text Almut Gaude/Judith Freund/BUND

Die Bechsteinfledermaus ist mit 25 bis 30 Zentimetern Spannweite und sieben bis zwölf Gramm Gewicht zwar nur eine mittelgroße Fledermaus, allerdings hat sie ziemlich großen Ohren. Die hat sie nicht ohne Grund: Denn zur Jagd nutzt sie nicht nur den hochauflösenden Ultraschall, sondern empfängt mit ihren Ohren auch tieferfrequente akustische Reize, wie unter anderem das Krabbelgeräusch von Spinnen oder Käfern. So kann die Bechsteinfledermaus ihre Beute nah an der Vegetation fliegend vom Blattwerk und auch vom Boden absammeln. Aufgrund ihrer kurzen und breiten Flügel zeigt diese Fledermausart einen langsamen, manövrierfähigen Flug – dies ist die perfekte Anpassung an ihre Jagdweise in dichter Vegetation. 

Bechsteinfledermaus

Bergzimmer Drumlerhof; Foto © Tiberio Sorvillo

Die Bechsteinfledermaus ist die wohl am stärksten an den Lebensraum Wald gebundene einheimische Fledermausart. Für ihr Überleben braucht sie naturnahe Buchen- oder Laubmischwälder mit viel Alt- und Totholz. Denn die kleinen Insektenjäger wechseln für den Schlaf über Tag die Baumhöhlen in ihrem Wald sehr häufig. Im Laufe eines Sommers bewohnen sie 30 bis 40 verschiedene Baumhöhlen. Bechsteinfledermäuse bilden zur Aufzucht ihrer Jungen Weibchenverbände von durchschnittlich 20 bis 30 Tieren, die primär Spechthöhlen bewohnen. Außerhalb von alten Laub- oder Mischwäldern trifft man die schwarzäugigen Fledermäuse mit der rosa-braunen Nase auch in alten und großflächigen Streuobstwiesen. Für den Winterschlaf ziehen sich die Tiere in unterirdische Hohlräume wie etwa Höhlen, Bunker oder Stollen zurück.

Bechsteinfledermaus

Bergzimmer Drumlerhof; Foto © Tiberio Sorvillo

Steckbrief

Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) ist ein Säugetier; Gattung: Mausohren (Myotis); Familie: Glattnasen (Vespertilionidae) 

Merkmale: Kopf-Rumpf-Länge: 4,5 bis 5,5 cm;

Flügelspannweite: 25 bis 30 cm; Gewicht: 7 bis 12 g; lange und breite Ohren; grau-braunes Fell; rosa-braune Nase; schwarze Knopfaugen; nachtaktiv; Winterschlaf von Oktober/November bis März/April; können 21 Jahre alt werden.

Lebensraum: Lebt vorzugsweise in feuchten, alten, strukturreichen Laub- und Mischwäldern; hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa; in Deutschland vorwiegend in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Bayern, Vorkommen auch in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und dem Saarland. 

Gefährdung: Rote Liste Deutschland: stark gefährdet; Erhaltungszustand kontinental: unzureichend 

Schutzstatus: In Anhang II und IV der FFH-Richtlinie der EU: Streng geschützte Art von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhalt besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.

Besonders hohe Verantwortlichkeit Deutschlands für den Erhalt dieser Art.

Waldnutzung, zerschnittene Natur und Pestizide belasten die Vorkommen

Bechsteinfledermäuse stellen sehr hohe Ansprüche an ihre Waldlebensräume. Sie brauchen überdurchschnittlich hohe Baumhöhlendichten. Diese finden sie jedoch aufgrund der intensiven Nutzung der Altholzbestände durch uns Menschen immer seltener vor. Zudem leidet die Bechsteinfledermaus darunter, dass die Landschaft unter anderem durch Autobahnen und Landstraßen zerschnitten und für die Landwirtschaft ausgeräumt wird. Denn auch wenn sie fliegen kann, quert sie nur sehr zögerlich offene Landschaften und fliegt bevorzugt über Hecken und andere Waldstrukturen. 

Betroffen ist die Blechsteinfledermaus auch vom hohen Pestizideinsatz in der Landwirtschaft und dem damit einhergehenden Insektenschwund – sie verliert so ihre Nahrungsgrundlage. Als tief fliegende Fledermausart ist sie zudem in besonderem Maße durch die Kollision mit Verkehr bedroht. Die kleine Bechsteinfledermaus gilt in Deutschland inzwischen als stark gefährdet und zählt zu den besonders schutzwürdigen Tieren der gesamteuropäischen Fauna. 

BUND-Engagement zum Schutz der Bechsteinfledermaus

Innerhalb Deutschlands setzt sich der BUND an den unterschiedlichsten Orten für den Schutz der Bechsteinfledermaus und ihrer Artgenossen ein. So erlangte die Umweltorganisation Ende 2018 mit einer Klage einen Rodungsstopp im Kernbereich des Hambacher Forsts, da in diesem noch eine große Bechsteinfledermauskolonie ansässig ist. Der uralte Wald sollte einem Braunkohletagebau weichen. In Hamburg und in Frankfurt/Oder bauen Ehrenamtliche Fledermaus-Winterquartiere. Und in anderen Regionen hilft der BUND beim Zählen der seltenen Tiere.

Der BUND fordert

  • Strukturreiche, alte und naturnahe Waldbestände müssen erhalten bleiben.
  • Der Anteil der Laubwälder muss durch Wiederaufforstungsprogramme erhöht werden.
  • Die Wälder müssen durch grüne Korridore verbunden werden.
  • Mindestens zehn Prozent der Waldfläche Deutschlands müssen als „Urwälder von morgen“ der natürlichen Entwicklung überlassen werden.

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Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) ist eine nicht-staatliche Organisation. Er setzt sich für Umwelt und Natur ein, indem er sich unter anderem für ökologische Landwirtschaft, das Klima, den Ausbau regenerativer Energien sowie den Schutz bedrohter Arten, des Waldes und des Wassers engagiert. green Lifestyle veröffentlicht regelmäßig informative Beiträge der Organisation.