Pilze sind wahre Meister der Umwandlung von Stoffen in der Natur. Sie sind die Helfer im Boden, die vielen Pflanzen- und Tierarten überhaupt erst ein kraftvolles Leben ermöglichen. Leider sind viele Pilzarten in Deutschland inzwischen stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht – eine davon ist der Moor-Hallimasch.

Text Almut Gaude/Judith Freund/BUND

Pilze sind für das Gleichgewicht des Ökosystems von zentraler Bedeutung. Denn sie sind extrem effiziente Stoffumwandler, können Totholz zu Humus zerlegen, Laub- und Nadelstreu abbauen und sogar Knochen, Hörner, Hufe und Haare zersetzen. Sie führen den natürlichen Bioabfall und die darin enthaltenen Nährstoffe wieder in den Kreislauf der Natur zurück. Ohne Pilze gibt es keine gesunden Wälder und viel weniger Insekten und Vögel – diese sind auf das von den Pilzen zersetzte, weiche Holz angewiesen oder nutzen diese direkt als Nahrungsquelle. 

Moor-Hallimasch

Nur noch 15 Fundorte des Moor-Hallimasch sind in Deutschland gemeldet. Foto © Kim Bowman via shutterstock.com

Pilze: unentbehrlich auch für den Menschen

Pilze sind darüber hinaus auch für uns Menschen von großem Wert: Sie sind kleine Apotheken, in denen viele bislang unbekannte, wertvolle Wirkstoffe und Substanzen enthalten sein können. So könnte insbesondere der im Gemeinen Schwarzborstling entdeckte Stoff Plectasin vielleicht als neues Antibiotikum eingesetzt werden, gegen das bislang noch keine Resistenzbildungen bekannt sind. Und mit einem aus dem Zapfenrübling isolierten und inzwischen industriell herstellbaren Stoff werden in der Nahrungsmittelproduktion weltweit Umsätze in Milliardenhöhe gemacht. Jede einzelne Pilzart die ausstirbt, ist nicht nur für den Naturhaushalt, sondern auch für uns Menschen ein großer Verlust. 

Ein Sumpfhonigpilz, der nachts leuchtet

Der Moor-Hallimasch ist eine von vielen Großpilzarten, die in Deutschland kurz vor dem Aussterben stehen. Sein gelb- bis rosabrauner, glänzender Hut zeigt sich im Juli bis Oktober zwischen den Torfmoosen in Mooren. Im Englischen wird er aufgrund seiner Farbe als „marsh honey fungus“ – also als Sumpfhonigpilz bezeichnet. Er taucht vereinzelt oder in kleinen Gruppen auf und wird bis zu zehn Zentimeter hoch. Anders als die meisten anderen Hallimasche trägt er keinen Ring am Stiel, weshalb er aus der Gattung der Armillaria (aus dem lateinischen in etwa: „honiggelb mit Ring“) in eine eigene Gattung Desarmillaria („honiggelb ohne Ring“) ausgegliedert wurde. Äußerst besonders und wunderschön anzuschauen ist die Fähigkeit der Hallimasche zur Biolumineszenz. Ihr unterirdisch wachsendes Wurzelgeflecht (Mycel) und das von diesem durchwachsene Holz kann nachts ein gut erkennbares Leuchten erzeugen. 

Steckbrief

Der Moor-Hallimasch (Desarmillaria ectypa)

Klasse: Ständerpilze (Basidiomycota); ursprünglich der Gattung Hallimasche (Armillaria) zugeordnet; inzwischen eigene Gattung: Desarmillaria 

Merkmale: Wächst von Juli bis Oktober; Hut: leicht schuppig, gelbbraun bis rosabraun, seidig-fettig glänzend, 3–6 cm Durchmesser; Lamellen: eng stehend, jung cremeweiß, dann blass ocker, bei Berührung blau werdend; Fleisch: wässrig und weiß, bei Verletzung schwarz; Stiel: voll, anfangs weißlich, dann braun werdend, am Grunde oft verdickt und weißzottig, 5–7 cm lang; Lamellen: eng stehend, anfangs weißlich, dann graulich, bei Berührung blau werdend; wachsen in kleinen Gruppen oder vereinzelt. 

Lebensraum: Moore und Feuchtgebiete, zwischen Torfmoosen; auf den Roten Listen von (Stand 2001): Baden-Württemberg, Bayern (gilt hier als verschollen, letzte Sichtung 1983), Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz

Gefährdung: Rote Liste Deutschland: vom Aussterben bedroht; aktuelle Bestandssituation: sehr selten; langfristiger Bestandstrend: starker Rückgang 

Schutzstatus: Leider wurde bislang keine einzige Pilzart im Anhang IV der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie berücksichtigt. Die vom Bundesamt für Naturschutz dafür vorgeschlagenen Anhangsarten haben bis heute noch keinen offiziellen gesetzlichen Schutzstatus (Stand November 2020).

Besonders hohe Verantwortlichkeit Deutschlands für den Erhalt dieser Art.

Gefährdet durch Lebensraumverluste und -veränderungen

Der Moor-Hallimasch ist eine eurasische Pilzart, die sowohl in Europa als auch in Asien vorkommt, grundsätzlich jedoch äußerst selten ist. In der Schweiz gilt er bereits als ausgestorben. Der Moor-Hallimasch bevorzugt staunasse, feuchte Lebensräume mit niedrigem Stickstoffgehalt wie unter anderem Niedermoore, Birkenbruchwälder und Seggenrieder. Im Vergleich zu Pflanzen und Tieren sind Pilze wenig erforscht, was ihren Schutz erschwert. Sehr wahrscheinlich sind aber für den Rückgang des Moor-Hallimaschs – wie für viele andere Pilzarten auch – die Zerstörung seiner Lebensräume durch Landwirtschaft und Bebauung sowie die hohen Stickstoffeinträge aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr verantwortlich. In Deutschland sind nur noch weniger als fünf Prozent der ursprünglichen Moorflächen vorhanden.

Der BUND setzt sich zum Schutz des Moor-Hallimasch ein

… und fordert:

  • Den Erhalt von Mooren und die Renaturierung von entwässerten Mooren zum Klimaschutz sowie das Verbot des Einsatzes von Düngemitteln und Pestiziden im Umkreis von Mooren.
  • Ein nationales Moorschutzprogramm und den Ersatz für alle Torfsubstrate im Garten- und Landschaftsbau.
  • Artenhilfsprogramme für den Moor-Hallimasch.

Noch mehr Inspiration für einen nachhaltigen Lebensstil finden Sie in unserem Magazin – im Abo, am Kiosk oder als eMag bei United Kiosk, iKiosk und Readly!

Außerdem:

Immer informiert mit dem green Lifestyle Newsletter!

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) ist eine nicht-staatliche Organisation. Er setzt sich für Umwelt und Natur ein, indem er sich unter anderem für ökologische Landwirtschaft, das Klima, den Ausbau regenerativer Energien sowie den Schutz bedrohter Arten, des Waldes und des Wassers engagiert. green Lifestyle veröffentlicht regelmäßig informative Beiträge der Organisation.