Der Europäische Aal ist einer der faszinierendsten Fische der Welt. Fossilienfunde deuten darauf hin, dass er schon seit über 70 Millionen Jahren existiert. Er hat die Ära der Dinosaurier und mehrere Eiszeiten überlebt. Doch jetzt steckt der Aal in sehr ernsten Schwierigkeiten.

Text Almut Gaude/Judith Freund/BUND

Der Europäische Flussaal besitzt einen einzigartigen Lebenszyklus. Er kann über 50 Jahre alt werden und ist ein wahrer Wander- und Wandlungs-Meister. Das Leben des Europäischen Aals beginnt in der Sargassosee – einer Region im Atlantischen Ozean nordöstlich von Kuba und Bermuda. Dort laichen die Weibchen ihre Eier in 300 bis 400 Metern Tiefe ab. Mit dem Golfstrom driften die geschlüpften Fischlarven, die einem Weidenblatt verblüffend ähnlich sehen, für ein bis drei Jahre Richtung europäischer Küsten und Flussmündungen. Die jungen Aale, die inzwischen zu etwa fünf Zentimeter großen, durchsichtigen Fischen herangewachsen sind, werden Glasaale genannt. Als „Steigaale“ wandert dann ein Teil der Tiere die Flüsse nach oben, wobei sie streckenweise sogar über Land wandern können. Über 15 bis 20 Jahre verbringen sie nun als „Gelbaale“ die folgende Lebens- und Wachstumsphase in Flüssen und Brackgewässern.

Der Europäische Aal steht am Rande der Ausrottung. Foto © ABS Natural History via shutterstock.com

Steckbrief

Der Europäische Aal (Anguilla anguilla) gehört zur Ordnung der Aalartigen (Anguilliformes) und wird der Klasse der Knochenfische (Osteichthyes) zugeordnet. Er zählt mit knapp 20 anderen Arten zur Gattung der Flussaale. 

Merkmale: 0,5 bis 1,5 m lang; bis zu 6 kg schwer; schlangenförmiger, lang gestreckter und zylindrischer Körper; Rücken-, Schwanz- und Afterflosse zu einem durchgehenden Flossensaum zusammengewachsen; im Erwachsenenalter Rücken dunkel graugrün, Unterseite stark silberglänzend; nachtaktiv; ernähren sich von Würmern, kleinen Krebsen, Insektenlarven, kleinen Fischen; tagsüber am Gewässergrund; Einzelgänger

Lebensraum: an den Küsten des Nordatlantiks, im Mittelmeer und Schwarzen Meer, in Nord- und Ostsee sowie allgemein in Binnengewässern mit Verbindung zum Meer beheimatet

Gefährdung: Rote Liste Deutschland, Kategorie: gefährdet; Internationale Rote Liste: vom Aussterben bedroht 

Schutzstatus: Höchste Schutzstufe – Selbes Schutzniveau wie für Arten im Anhang IV der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Besonders geschützte Art nach Bundesnaturschutzgesetz 

Besonders hohe Verantwortlichkeit Deutschlands für den Erhalt dieser Art.

Etwa die Hälfte der Gelbaale wandert jährlich in den Flüssen auf- und abwärts, mit großem Risiko vorwiegend an Wasserkraftanlagen. Wenn doch einige Aale bis zur Geschlechtsreife überleben, treten sie als sogenannte Blankaale ihre heldenhafte Wanderung zurück zu ihrem Geburtsort an. Während dieser langen Reise nehmen Aale keine Nahrung mehr auf und leben allein von ihren Fettreserven. Ihr Verdauungstrakt entwickelt sich komplett zurück, stattdessen bilden sich die Geschlechtsorgane aus. Wenn sie es schließlich nach bis zu drei Jahren zurück in die Sargassosee geschafft haben, laichen die Aale ab und sterben.

Am Rande der Ausrottung

Eine Arbeitsgruppe des Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES) hat 2006 einen dramatischen Bestandseinbruch des Europäischen Aals festgestellt. Aufgrund seines außerordentlich schlechten Zustands erließ die EU ein Import- und Exportverbot für den Aal sowie ein Fangverbot in europäischen Gewässern – letzteres allerdings nur für drei Monate pro Jahr. Seit Juni 2007 ist international nur noch ein kontrollierter Handel mit dem Europäischen Aal erlaubt. Laut dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gilt zudem die Pflicht der UN-Mitgliedsstaaten, diesen Fischen das Wandern in und aus den eigenen Gewässern zu gewährleisten. Umgesetzt wird dies in Deutschland jedoch nicht.

Der Europäische Aal ist seit Jahrhunderten ein populärer Speisefisch und die Nachfrage nach Glas-, Gelb- und Blankaalen ist nach wie vor hoch und wird durch legale wie illegale Fischerei befriedigt. Von der EU und der Fischerei werden umfangreiche Maßnahmen zur Unterstützung der Bestände finanziert. Geschätzt werden jedoch aus Europa etwa 110 Millionen Glasaale pro Fangsaison illegal nach Asien exportiert und auch in der Ostsee 100.000 ausgewachsene Aale pro Jahr illegal gefangen. Zudem bedroht der Lebensraumschwund den Europäischen Aal, vorwiegend die nach wie vor bestehende Undurchlässigkeit von Flüssen durch Wasserkraftwerke oder Dämme. Junge Aale können so nur schwer oder meist gar nicht stromaufwärts schwimmen und werden als Gelbaale und erwachsene Exemplare auf dem Weg stromabwärts in Wasserkraftwerken getötet. Laut Untersuchungen im Auftrag der EU-Kommission sind Wasserkraftanlagen für 50 Prozent aller Todesfälle von Aalen verantwortlich, die durch Menschen verursacht wurden. Dauerhaft funktionierende Fischaufstiegshilfen und entsprechende Fischschutzsysteme zur Umgehung der tödlichen Turbinen sind selten vorhanden und die Sterblichkeit durch nicht funktionierende Schutzanlagen ist kaum erfasst.

Der BUND fordert

  • Deutschland muss die Forderungen der UN zum Aalschutz umsetzen. Wehre und Dämme müssen zurückgebaut und damit die Durchgängigkeit von Fließgewässern wiederhergestellt werden. Wenn dies nicht möglich ist, braucht es funktionierende Fischaufstiegshilfen.
  • Wasserkraftwerke müssen so nachgerüstet werden, dass sie Aale beim Abwärtsschwimmen nicht mehr schreddern, oder sie müssen abgebaut werden. Bis zum Umbau müssen behördliche Anordnungen zum Betrieb der Anlagen getroffen werden, die den Schutz der Fisch sicherstellen.
  • Die Bundesregierung muss Maßnahmen gegen den Fang von Glasaalen in internationalen Gewässern einfordern. Das heißt auch: mehr Personal für den Meeresschutz bei der Küstenwache.

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