Alexandra Herzog wohnt mitten in München und ist beruflich voll eingespannt. Dann hat sie einen Schrebergarten gefunden – und ihr Leben hat sich verändert.

Warum haben Sie einen Schrebergarten gesucht?

alexandra_herzogIch habe ihn eigentlich nicht gesucht – er hat mich gefunden. Bei meinen Spaziergängen in München Untergiesing, Richtung Isar, fielen mir die hübschen Schrebergärten auf, die wie Perlen an einer Kette entlang des Bahndammes aufgereiht liegen. Sehnsüchtig habe ich über die Zäune geschaut und gedacht, wie schön es wäre, so ein Kleinod mitten in der Stadt zu besitzen. Noch dazu in unmittelbarer Nähe zur Isar, sodass man nach getaner Arbeit noch kurz in den Fluss springen kann. Ein Kleingarten schien verwahrlost und verlassen zu sein, also habe ich Nachbarn nach den Besitzern gefragt. Ich habe die Telefonnummer herausgefunden, den Pächter angerufen, und – was für ein Glück – vollkommen unkompliziert hat er mir angeboten, seinen Garten kommissarisch zu nutzen, da er dies auf Grund einer Gehbehinderung nicht mehr konnte. Jetzt habe ich meinen Schrebergarten schon etwa vier Jahre und damit viele Erfahrungen gesammelt. Und das Schönste: Mit dem Fahrrad erreiche ich ihn in zehn Minuten.

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Welche Regeln gibt es in der Kleingarten-Gemeinschaft, an die Sie sich halten müssen?

Hier habe ich großes Glück. Diese Gartenanlage ist keine Anlage im üblichen Sinne, denn niemand schreibt mir vor, wie viel Gemüse ich anbauen muss oder dass meine Rosen geschnitten werden sollten. Das Areal gehört der Bahn-Landwirtschaft e.V., vielleicht sind sie einfach entspannter. Es gibt hier auch kein ehrgeiziges Wettpflanzen, jeder werkelt vor sich hin und man hilft sich gegenseitig. Allerdings müssen wir auf Gemeinschaftsräume, wie beispielsweise Toiletten verzichten – dafür muss jeder selbst sorgen.

Kannten Sie sich schon vorher mit Gartenarbeit aus oder haben Sie es lernen müssen?

Nein, ich war ein blauäugiger Newcomer und musste viel lernen. Wie muss die Bodenbeschaffenheit sein, wenn ich dies oder jenes anbauen will? Wann und wie schneide ich Rosen, im Winter oder im Frühjahr? Wie bekämpfe ich Schnecken: mit Gift, per Hochbeet mit Schneckenzäunen? Es gibt viel zu beachten!

Stand das Gartenhaus schon, als Sie den Kleingarten übernommen haben?

Das Häuschen existierte bereits, allerdings in einem desolaten Zustand. Ich habe es quasi entkernt, die Wände gestrichen, einen Boden gelegt und mit Flohmarkt- beziehungsweise Sperrmüllmöbeln eingerichtet. Bei schlechtem Wetter kann man sich auf einem gemütlichen Sofa ausruhen, während in der „Küche“ auf einem Gaskocher der Kaffee aufgebrüht wird. Sehr gemütlich.

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Wie viel Zeit brauchen Sie zur Gartenpflege?

Das ist ganz davon abhängig, wie ambitioniert man ist und mit welchen Ansprüchen man die Pflege eines Gartens angeht. Im ersten Sommer habe ich sehr hart gearbeitet, da der Garten einem Dschungel glich, mannshohe Brennnesseln mussten mit der Sense niedergekämpft, Büsche geschnitten, Beete angelegt werden und vieles mehr. Im zweiten Sommer habe ich Blumensamen gesät und versucht, Gemüse wie Karotten, rote Beete oder Salate zu ziehen. Bis die hungrigen Schnecken kamen und meine Anpflanzungen als köstliches Mahl verschlungen haben. Wer wirklich Gemüse anpflanzen will, muss sich fast täglich darum kümmern: Erde lockern, Unkraut zupfen, gießen. Jetzt steht mein Entschluss fest: Mein Garten wird kein Nutzgarten, es ist zu mühevoll, wenn man Vollzeit arbeitet. Ich ziehe es vor, mich in einem bunten Blumengarten ausruhen zu können und ihn als Ort der Ruhe sowie Treffpunkt für gemütliche Abende mit Freunden zu nutzen. Dafür drücke ich lieber das ein oder andere Auge bei der Pflege zu.

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Macht ein Schrebergarten wirklich glücklich?

Ein Schrebergarten macht auf jeden Fall glücklich! Man sollte nur die eigenen Ansprüche genau kennen: Was baue ich an, wie gepflegt soll der Garten aussehen, brauche ich einen „Englischen Rasen“ oder überlasse ich ihn dem Wildblumenwuchs, wie viel Zeit bringe ich neben meiner Arbeit auf oder wann wird die Gartenarbeit zu einer zusätzlichen Belastung? Man muss das Gleichgewicht finden zwischen dem Anspruch, den Garten zu hegen und zu pflegen, was mit viel Arbeit verbunden ist, oder ihn einfach nur zu genießen und mal alle Viere von sich zu strecken. Für diesen Luxus, die Natur in der Großstadt genießen zu können, zahle ich gerne die Pacht. Gerade für Familien mit Kleinkindern ist ein Schrebergarten natürlich ideal: Planschbecken aufstellen, Schnecken finden, Vögel beobachten – und die Welt ist in Ordnung.

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