green Lifestyle Art-Directorin Patricia Fuchs wollte raus aus ihrem Alltag, sich auf Körper und Geist konzentrieren und diese in Einklang bringen. Im Winter 2017 machte sie in Indien eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin und eine Reise zu sich selbst. Hier berichtet sie davon:

Mein Yoga-Ziel: Indien

Schon vor Längerem habe ich Yoga als perfekten Ausgleich für mich entdeckt, es aber nie sehr intensiv praktiziert. Das wollte ich ändern und so entschied ich mich für eine Reise an den Ur­sprung – nach Indien. Um meinen Spirit später mit anderen teilen zu können und tiefer in die Materie einzusteigen, gönnte ich mir eine Auszeit, um im Rahmen eines Kurses eine weltweit anerkannte Lizenz über die Yoga Alliance zu erhalten.

Ein Strand in Indien

Mein Ziel war das sehr westlich geprägte Goa, um den Kulturschock möglichst klein zu halten. Ein Paradies für Aussteiger und Yoga-Begeisterte. An einem entspannten Ort direkt am Strand ohne jeglichen Luxus – auf der Suche nach mehr Acht­samkeit und innerem Frieden. Voller Vorfreude, Neugierde und mit großem Respekt blickte ich meiner neuen Herausforderung entgegen. 19 wei­tere Yoginis aus der ganzen Welt begleiteten meine 200 Unterrichtsstunden in vier Wochen. Da ich es selbst gerne etwas sportlicher mag, wählte ich die kraftvolle Stilrichtung Ashtanga Vinyasa Yoga. Nicht ganz ohne, wie ich zunehmend feststellen musste. Zu Hause hatte ich nur wenig Praxis mit diesem Yoga-Stil sammeln können.

Täglicher Ablauf der Yoga-Ausbildung

06:30 Uhr – der Wecker klingelt: Ich erwache in meinem kleinen Yoga-Shala, einer einfachen Hütte im Yoga Retreat, krieche unter meinem Moskitonetz hervor und starte mit einem kurzen Morgenbad im Meer in den noch dämmrigen Tag. Außer einer Herde Kühe sind nur Fischer und ein paar Einheimische am Strand. Welch wunderbares Ritual!

Danach schlüpfe ich in mein Yoga-Outfit, klemme meine Yoga-Matte unter den Arm, außerdem weitere Yoga-Hilfsmittel wie Bolster, Block und Gurt. Jeder Tag beginnt mit zwei Praxisstunden. Die Yoga-Stunde eröffnet mit einem traditionellen Mantra. Bereits in der zweiten Woche übt jeder Schüler in seiner eigenen Geschwindigkeit die vorgegebene Abfolge von Haltungen (= Asanas). Internationale Yoga-Lehrer korrigieren uns und geben Hilfestellung. Sowohl geistig als auch körperlich bin ich sehr gefordert und stoße recht schnell an meine Grenzen. Es kostet mich viel Disziplin und Stärke, an meiner nicht vorhandenen Flexibilität zu arbeiten und den inneren Schweinehund zu überwinden.

Eine Gruppe beim Praktizieren von Yoga
Eine Buddah-Statue

Ständig schweift mein Blick zu den anderen. Im Yoga jedoch liegt der Fokus darauf, im Einklang zur Bewegung bewusst zu atmen, auf den Körper zu hören und sich nicht mit anderen zu messen. Bereits nach den Sonnengrüßen (Surya Namaskar), die immer am Anfang des Ablaufs stehen, bin ich durchgeschwitzt und frage mich: „Wie kann Yoga nur so anstrengend sein?“ So kämpfe ich mich durch die tägliche Morgenpraxis. Doch Tag für Tag erziele ich kleine Fortschritte, Bewegung und Atmung werden eins, mein Blick fokussierter und die Abfolge kontinuierlicher und meditativer. Was für ein tolles Gefühl!

Mit dem Schluss-Mantra zur Praxisstunde senden wir Liebe, Licht und Frieden in die Welt. Im Anschluss lernen wir, unterschiedliche Atemtechniken (Pranayama) anzuwenden und zu meditieren. Darin hatte ich keinerlei Erfahrung. Die Gedanken wie Wolken weiterziehen lassen und einfach mal an nichts denken. Leichter gesagt als getan! Ständig versuche ich, völlig frei zu sein. Endlich geschafft ertappe ich mich dabei, einzuschlafen. Meine Sitznachbarin schmunzelt nur, als mein ganzer Körper kurzzeitig zur Seite sank. „Macht nichts“, sagt sie. „Du bist nicht die einzige.“ Total begeistert hingegen kann ich mich beim Mantra-Singen völlig lösen und trällere den restlichen Tag ein und dieselben Strophen wieder und wieder.

Gesundes Yogini-Frühstück

Endlich! Nach drei Stunden gibt es ein wohlverdien­tes Frühstück. Kein Kaffee, stattdessen Ingwer- oder Ayurveda-Tee. Zum Essen eine Bowl aus vegetarischer oder veganer Kost. Auf jeden Fall gesund und sehr lecker. Frisches Obst sowie Porridge mit Zimt und Nüssen oder ein typisch indisches Curry. Voller Energie geht es weiter mit fernöstlicher Philosophie. Wir erfahren mehr über die Geschichte der jahrtausendealten Yoga-Tradition, lernten den achtgliedrigen Pfad aus dem Yogasutra kennen – der Leitfaden des Yoga.

Tiefgreifendes Yoga-Fachwissen

Nach einer Mittagspause mit leckeren indischen Gerichten, einem kurzen Sonnenbad oder dem Chillen in der Hängematte steht Anatomie auf dem Programm. Es geht darum, den physi­schen Körper zu verstehen und die Asanas richtig auszuführen. Dazu kommen die Lehrmethoden, um schließlich selbst Yoga unterrichten zu kön­nen. Alles in englischer Sprache und die Asanas auf Sanskrit: „Chaturanga Dandasana, Tibia, Clavicula“… Ich kenne mich nicht mehr aus! Kurze Panikattacken und die Angst, zu versagen überkommen mich. Tausend Fragen stellen sich: Wie baue ich eine Yoga-Stunde auf? Welche Asanas folgen aufeinander und wie korrigiere ich? Wie gebe ich korrekte Anweisungen und wie verwende ich die Grundlagen von Ashtanga, um einen schönen Vinyasa Flow zu unterrichten?

Vier Wochen Yoga-Kurs

Pro Woche arbeiten wir einen Teil einer Yoga-Stunde aus und präsentieren ihn einander in kleinen Gruppen. Zuerst das Warm-up, gefolgt von stehenden und sitzenden Sequenzen, Balance-Haltungen und die Schluss-Sequenz.

So soll es am Ende der vier Wochen Yoga-Ausbildung jedem möglich sein, eine komplette Yoga-Stunde zu unterrichten und die finale Abschlussprüfung ohne Zweifel zu bestehen. Meine Abende verbringe ich meist hin­ter meinen Fachbüchern in der Hängematte, in Lerngruppen oder auf der Yoga-Matte, um meine Sequenzen zu üben. Schon wieder 22:00 Uhr – ab ins Bett! Natürlich lachen wir in dieser Zeit viel, manchmal weinen wir – ein unkontrolliertes Gefühlschaos. Wir gewinnen neue Freunde und lernen uns selbst neu kennen. Wir verbringen die freien eineinhalb Tage pro Woche gemeinsam am Strand, lassen uns mit dem Tuk Tuk in die Stadt chauffieren und entdecken Wasserfälle sowie die Na­tur.

Eine Inderin bemalt eine Hand mit Henna

Abschluss der Yoga-Schule

Jeder von uns macht unglaubliche Fortschritte in der Yoga-Ausbildung. So kommt es, dass alle die Prüfungen bestehen und die Übergabe der erworbenen Yoga-Lizenz mit einer spirituellen Zeremonie in weißen Kleidern feiern. Ich bin dankbar, überglücklich und den Tränen nahe. Jetzt gehe ich weiter auf meiner Reise ins ICH – denn der Weg ist das Ziel. Namasté!

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