Estella Schweizer teilt ihre Gabe, kreative Geschmäcker auf den Teller zu zaubern, als Gastro-Coach und Botschafterin für klimafreundliche Küche mit ihren Lesern, Kursteilnehmern und Dinner-Gästen. Darüber hinaus unterstützt sie Gastronomiebetriebe und Restaurants bei der Umsetzung veganer und glutenfreier Küchenkonzepte. Für green Lifestyle stellt sie bemerkenswerte Lebensmittel vor und zeigt, welche Köstlichkeiten sich daraus zubereiten lassen.

Text Estella Schweizer

Die vegane Köchin Estella Schweizer aus Regensburg denkt sich gerne neue Rezeptkreationen aus. © Axel Hebenstreit

In jeder Ausgabe des greenLIFESTYLE Magazins präsentiert Estella Schweizer köstliche, vegane Rezepte. © Axel Hebenstreit

Wissenswertes über Pilze

Pilze sind kleine Wunderwerke der Natur, die Eigenschaften von Pflanzen und Tieren verbinden. Ihre Zellwände bestehen aus Chitin, wie die von Krustentieren und Insekten – nicht aus Zellulose wie die von Pflanzen. Ihr Zellplasma enthält auch kein Chlorophyll, somit sind sie unfähig, Energie aus Sonnenlicht zu gewinnen. Von Pflanzen unterscheidet sie außerdem, dass sie Energie nicht in Form von Stärke, sondern wie wir Menschen und andere Lebewesen in Form von Glykogen speichern.

Im Gegensatz zu Tieren pflegen sie allerdings eine sesshafte Lebensweise, bestehen aus Zellen mit stabilen Wänden und einem Aufbau, den man bei Pflanzen vorfindet. Auch strukturell ähneln sie mit ihren Wurzeln, Wurzelhaaren (Hyphen), ihrem Wurzelgeflecht (Myzel), ihrem Strunk und ihrer Haube eher einer Pflanze als einem Tier. An der Unterseite des Pilzhutes finden wir unzählige feine Häute, die entweder Lamellen bilden (Lamellenpilz) oder wie Röhren aussehen (Röhrenpilz).

Pilze sind heterotroph und ernähren sich von Komponenten ihrer Umgebung, die sie mit Hilfe enzymatischer Prozesse aufschließen und für sich verwertbar machen. Dazu schütten sie über ihre Hyphen Verdauungsenzyme aus, die den Untergrund, auf dem sie sich angesiedelt haben, zersetzen und in seine organischen Bestandteile (Elektrolyte, Einfachzucker, Aminosäuren und Wasser) zerlegen.

Diese wiederum können sie dann über die Spitzen ihrer Wurzelhaare aufsaugen. Das Geflecht all dieser Wurzelhaare breitet sich unterirdisch flächenhaft aus und kann sich sehr weit in alle Richtungen erstrecken. Was wir oberirdisch sehen können, ist lediglich der Fruchtkörper. Vermehren können sich Pilze einerseits über Sporen, die sie in die Umgebung abgeben und die mit dem Wind fortgetragen werden. Andererseits wächst ihr Wurzelgeflecht unterirdisch sehr weit voran, sodass sie sich auch auf diesem Wege ihre Umwelt erobern und ausbreiten können.

Die Hauptaufgabe der Pilze besteht darin, organische Substanz in einfachen Verbindungen zu zersetzen und diese in ihrem Wurzelgeflecht wie ein Schwamm zu speichern. Pflanzen können diese Nährstoffe dann vereinfacht aufnehmen und davon zehren. So handelt es sich sozusagen um  eine Art natureigenes Recyclingsystem. In der Bäckerei sowie bei der Gärung zur Herstellung von Wein, Bier und hochprozentigen Spirituosen sind Hefepilze von großer Bedeutung. Selbst in der Kakao-Verarbeitung macht man sich Pilze zu Nutze. Ebenso bei der Produktion von Probiotischem und Gereiftem (beispielsweise von klassischen Sojaprodukten und Käse) sowie bei allen fermentierten Lebensmitteln (Sauerkraut, Kimchi) spielen Pilz-Kulturen eine bedeutende Rolle.

Gewöhnliche Speisepilze wie der Kräuterseitling, der Austernpilz, der Champignon, der Egerling oder auch Shitake kommen heute meist nicht mehr aus freier Natur, sondern aus dem Gewächshaus. Ein klarer Vorteil für alle unter uns, die sich in freier Wildbahn nicht zurechtfinden würden, weil sie nie gelernt haben, essbare von giftigen Pilzen zu unterscheiden. Denn Pilze sind wahre Nährstoffbomben. Sie strotzen nur so vor essenziellen Aminosäuren (Protein), hochwertigen Kohlehydraten und Ballaststoffen. Neben Kalzium und Magnesium liefern sie uns Mangan, Zink und Selen sowie viele Vitamine der B-Gruppe. Zudem können sie uns sogar in kleinen Mengen mit Vitamin D versorgen. Durch ihren intensiven Geschmack, den man durch gekonnte Zubereitung zusätzlich hervorheben kann, eignen sie sich sogar, den Platz der Fleischbeilage auf dem Teller einzunehmen. Sie sind Träger von Umami, einem Geschmack, der uns das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt, und ihre Konsistenz ist fleischig saftig. Ob mariniert, kross gebraten oder im Schmortopf als Gulasch gekocht verwöhnen sie uns im Herbst mit deftigen Aromen und ihrer  unverwechselbaren Note.

Küchentipps für Pilze

Pilze sollten grundsätzlich trocken gereinigt und gesäubert werden. Wäscht man sie in zu viel Wasser oder putzt sie gar schwimmend in Wasser, saugen sie sich voll und werden später bei der Zubereitung matschig.

Rezepte für leckere vegane Pilzgerichte:

Das Gericht Wilde Hilde mit Kräuterseitlingen hübsch angerichtet auf einem türkisen Teller mit einem Hokaisokürbis, Wildreis und Tempeh. © Michael Groll

Wilde Hilde – Schnelle Bowl mit Kräuterseitlingen © Michael Groll

Wilde Hilde – Schnelle Bowl mit Kräuterseitlingen

4 Personen | 40 Minuten + Einweichzeit

Zutaten

4 große Kräuterseitlinge

1 kleiner Hokkaidokürbis

200 g Tempeh

200 g Sojajoghurt, natur

100 g Tahini, weiß

1 Zitrone, frisch gepresst

4 Zehen Knoblauch

1 Bund frischer Salbei

2 Tassen Wildreis, ca. 8 Stunden eingeweicht

2 EL Cranberries

2 EL Tamari

2 EL Ahornsirup

2 EL Ume Su, alternativ hochwertiger

Essig oder Zitronensaft

Salz

Pfeffer

Cayennepfeffer

Currypulver, indisch

Olivenöl zum Braten

Zubereitung

Den eingeweichten Wildreis abgießen, gründlich waschen und mit der doppelten Menge Wasser und den Cranberries zum Kochen bringen. Dann auf kleiner Flamme sieden und ausquellen lassen. Den Tempeh in acht Scheiben schneiden und beidseitig mit einer Marinade aus Tamari, Ahornsirup und Ume Su bepinseln. Kürbis und Tempeh können gemeinsam im Ofen zubereitet werden. Dazu den Kürbis waschen, vierteln und das Kerngehäuse mit einem Löffel ausschaben. Das Fruchtfleisch in Spalten schneiden und auf einem Backblech mit etwas Öl bepinselt und mit etwas Salz, Pfeffer und Curry bestreut für 20 bis 25 Minuten bei 170 °C Umluft im Ofen backen. Wer gerne Knoblauch isst, kann die Knoblauchzehen, geschält und halbiert, ebenfalls mit auf das Blech in den Ofen geben.

Aus dem Sojajoghurt mit dem Tahini und dem Saft einer halben Zitrone, einer Prise Salz und etwas Cayennepfeffer in einem hohen Gefäß mit dem Pürierstab eine cremige Sauce mixen. Die Kräuterseitlinge halbieren. Die Salbeiblätter von den Stängeln zupfen.

Sobald der Reis und der Kürbis gar sind, in einer Pfanne etwas Öl erhitzen. Den Kräuterseitling darin zunächst mit der Schnittseite, dann mit den Salbeiblättern rundherum kross anbraten, bis er goldgelb ist. Den Kürbis und den Tempeh aus dem Ofen nehmen, alle Zutaten zusammen auf Tellern anrichten und mit etwas Salz und frisch gemahlenem Pfeffer aus der Mühle abrunden.

Auf einem türkisen Teller sind die Linsenfalaffel auf einem Bett aus geschmorten Bilzen angerichten. © Michael Groll

Geschmorte Pilze mit Linsenfalafel. © Michael Groll

Geschmorte Pilze mit Linsenfalafel

4 Personen | 1 Stunde + Quellzeit (über Nacht)

Zutaten für die Pilzpfanne

1 kg Pilze, bunt gemischt (Champignons, Egerlinge, Steinpilze, Pfifferlinge, Austernpilze, Kräuterseitlinge, Shitake etc.)

1 Bund Petersilie oder Koriander, gehackt

1 kleine Zwiebel

3-4 EL Mandelmus oder 400 ml Kokosmilch

Etwas Kurkuma, gemahlen

Etwas Salz und Pfeffer

Bratöl oder Kokosöl

Zutaten für die Falafel

250 g grüne Linsen

50 g Rundkornreis-Vollkornmehl

50 g Karotte

1 Stange Sellerie

1 Bund Petersilie

1-2 TL Salz

1 TL Kumin (Kreuzkümmel)

1 TL Paprika edelsüß

2 EL Hefeflocken

3 EL Tamari

Kochend heißes Wasser

Brat- bzw. Frittieröl

Zubereitung

Für die Falafel die grünen Linsen im Hochleistungsmixer zur einen Hälfte zu Linsenschrot (nicht zu lange mixen), zur anderen Hälfte zu Linsenmehl (sehr lange mixen) verarbeiten.

Karotte, Sellerie und Petersilie sehr, sehr fein würfeln – oder mit einem Universalzerkleinerer häckseln. Linsenschrot und Linsenmehl mit dem Gemüse und den Gewürzen vermengen und mit Hilfe der Küchenmaschine rühren, während man das kochende Wasser zugießt. Insgesamt braucht man etwa 200 bis 300 ml Wasser. Der Teig sollte sich gerade noch formen lassen, aber nicht trocken sein. Das Reisvollkornmehl einarbeiten. Anschließend den Teig in einer Schüssel über Nacht bei Zimmertemperatur quellen lassen. Nach fünf bis acht Stunden in den Kühlschrank stellen.

Die Pilze mit einem Pinsel oder einem trockenen Tuch von Erdresten befreien. Anschließend grob zerkleinern und beiseite stellen. Die Zwiebel schälen, sehr fein würfeln, in einer großen Pfanne anrösten und goldgelb braten. Wer geschmacklich etwas experimentierfreudig ist, nimmt Kokosöl zum Braten und später Kokosmilch zum Ablöschen, wodurch das ganze Gericht eine asiatische Note erhält. Wer die traditionelle Zubereitung von Rahmschwammerln liebt, bleibt bei Bratöl und Mandelmus als Sahne. Sobald die Zwiebeln glasig sind, etwas Kurkuma und die vorbereiteten Pilze in die Pfanne geben und mitbraten. Das Mandelmus mit 200 ml warmem Wasser in einer Schüssel mit Hilfe eines kleinen Schneebesens glattrühren, bis eine cremige Sahne entstanden ist. Die Pilze unter Wenden so lange braten, bis sie zusammenfallen und leicht gebräunt sind. Mit Mandelsahne oder Kokosmilch ablöschen und weitere drei bis fünf Minuten einkochen lassen, bis ein Teil der Flüssigkeit verdampft ist und die Sauce eindickt. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und Petersilie oder Koriander unterheben.

Von der Falafelmasse Portionen abstechen, zu Kugeln formen und auf einem Holzbrett sammeln. Zum Ausbacken der Falafel reichlich Fett in einem Topf oder einer großen Pfanne erhitzen. Achtung: Rauchpunkt beachten! Wer wenig Erfahrung hat, sollte ein Küchenthermometer benutzen. Sobald die richtige Temperatur erreicht ist, die Falafel mit Hilfe eines Löffels in das heiße Fett gleiten lassen und rundherum goldgelb und knusprig frittieren. Nach drei bis vier Minuten herausnehmen und auf einem Küchenpapier abtropfen lassen. Zum Servieren in einer Schüssel auf den gebratenen Pilzen anrichten und mit Petersilie oder Koriander bestreuen.

Die gefüllten Riesenchampignons schmackhaft arrangiert mit Walnüssen und grünem Rucola. © Michael Groll

Gefüllte Riesenchampignons © Michael Groll

Gefüllte Riesenchampignons

4 Personen | 40 Minuten

Zutaten

4 Riesenchampignons

100 g Räuchertofu

100 g Rucola

40 g Walnüsse

1 Zehe Knoblauch

1 EL Tamari

Etwas Rauchsalz

Etwas Paprikapulver

Abgeriebene Schale einer Zitrone

Etwas Zitronensaft

Ggf. eine Prise Salz und frischer Pfeffer zum Abschmecken

Zubereitung

Die Riesenchampignons mit einem Pinsel oder einem Küchentuch von Erdresten befreien. Dann die Stiele herausdrehen und die Pilze beiseitelegen. Die Stiele, den Räuchertofu, etwas Rucola, die Walnüsse und den Knoblauch grob klein schneiden und mit Tamari, Salz und Zitronenschale mixen – am besten in einem hohen Gefäß mit dem Pürierstab oder mit einem Aufsatz für den Handmixer, der mit Häckselmesser arbeitet. Die Creme mit Zitronensaft und nach Belieben mit etwas mehr Gewürzen abschmecken und in die entstielten Champignons füllen. Im vorgeheizten Backofen bei 170 °C Umluft 20-25 Minuten backen. Dazu passt ein einfacher Rucola-Salat mit etwas Zitronensaft sowie Olivenöl und frisch gebackenes Brot.

Guten Appetit!

Besuchen Sie Estella Schweizer im Taracafé in Regensburg oder auf ihrem Blog Spontan Vegan!

Viele spannende Artikel rund um das Thema Nachhaltigkeit finden Sie in der aktuellen Ausgabe des greenLIFESTYLE Magazins. Jetzt am Kiosk, als eMagazine, auf Readly oder im Abo!

Fotos: © Michael Groll; Axel Hebenstreit; Galyna Andrushko / Shuttertock.com