Yoga ist eine der beliebtesten Bewegungskulturen für Gesundheit und Wohlfühlen. Was es so erfolgreich macht, lässt sich schwer in Worte fassen. greenLIFESTYLE versucht es trotzdem.
Es scheint, man könne Menschen in zwei Gruppen einteilen: jene, die ihre innere Mitte mehrmals in der Woche beim Yoga finden und die, die dort noch nie nach ihr gesucht haben. Etwa 50 Jahre ist es her, dass die Yogawelle aus Indien über Amerika auch zu uns schwappte und seither prägen Studios mit unaussprechlichen Namen das Bild deutscher Städte. Das Angebot ist überwältigend groß, die Anhänger sind begeistert und die Fotos von sich verrenkenden Menschen auf Instagram beeindruckend.
Allerdings geht es bei Yoga – wer hätte es gedacht – nicht darum, die Beine hinter seinen Kopf zu biegen und dafür möglichst viel Anerkennung auf einer Fotoplattform im Internet zu bekommen. Yoga ist der Weg zu etwas, das nur der begreifen kann, der es selbst erlebt hat. In der Yoga-Philosophie heißt es, das Individuum ist ein Reisender und der irdische Körper sein Wagen, gelenkt vom Verstand und gezogen von fünf Pferden – den fünf Sinnen. Der Begriff Yoga stammt aus der altindischen Hochsprache Sanskrit und beschreibt eine philosophische Lehre. Frei übersetzt bedeutet er „anschirren“, womit die Verbindung von Körper und Seele gemeint ist. Yoga ist der Weg und das Ziel – eine Reiseroute Richtung Selbsterkenntnis, innerer Zufriedenheit und tiefster Gelassenheit.
Yoga für Anfänger: Stile, Positionen und die richtige Atmung
Im Yoga existieren verschiedene Methoden. Die bekannteste ist wohl die körperorientierte Tradition, die mittels Bewegungsabläufen und dem Halten von Positionen – den sogenannten Asanas – Koordination und Flexibilität, Kraft und Ausdauer sowie den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System positiv beeinflusst. Andere Techniken setzen mehr auf Meditation und Atmung: Die Asanas werden kaum oder gar nicht gewechselt, der Fokus liegt auf der eigenen Mitte.
Yoga ist vielseitig, flexibel, anstrengend und entspannend zugleich. Yoga ist nie einfach nur Yoga. Yoga ist, was das Individuum daraus macht. Deshalb gibt es so viele Strömungen und Stile. Wer die Basics beherrscht, beginnt irgendwann eigene Impulse einzubringen, Asanas und Bewegungsabläufe zu variieren. Bis es aber soweit ist, sollten die Grundlagen und die korrekte Ausführung unter professioneller Anleitung verinnerlicht werden. Die Wege des Yoga sind unergründlich und zu welchem Stil es letztlich führt, bleibt ungewiss.
Kleines Yoga-Lexikon
Wer sich das erste Mal mit Yoga beschäftigt, begegnet zahlreichen Begriffen, deren Bedeutung sich bestenfalls nur erahnen lässt.
Eine kleine Übersetzungshilfe:
Asana: Positionen und Haltungen
Mantra: Energiebringender Klang
Prana: Lebensenergie und Vitalität
Pranayama: Überbegriff für Atemtechniken
Samadhi: Der Zustand, der mit Hilfe von
Yoga: erreicht werden soll
Yogi: Yogapraktizierender, männlich
Yogini: Yogapraktizierende, weiblich
Die beliebtesten Yoga-Stile
Ashtanga & Power Yoga
Die intensiven Bewegungsreihen werden immer in der gleichen Reihenfolge praktiziert. Optional kann das Tempo der Übergänge erhöht werden. Bei der Variante Power Yoga variiert die Abfolge der Positionen.
Bikram Yoga / Hot Yoga
Bei etwa 40 °C Raumtemperatur werden die Muskeln lockerer und der Entgiftungsprozess während der Übungen wird durch das starke Schwitzen gefördert.
Hatha Yoga
Die eher langsamen und entspannten Übungen eignen sich besonders gut für Anfänger.
Iyengar Yoga
Die Positionen werden lange gehalten und die Übergänge möglichst schnell vollzogen.
Jivamukti Yoga
Inspiriert von Ashtanga Yoga kombiniert dieser Stil sehr dynamische Bewegung mit meditativer Atmung und spirituellen Elementen.
Karma Yoga
Es wird auch das „Yoga der Tat“ genannt, denn es geht in erster Linie darum, Gutes zu tun und Toleranz, Liebe sowie Sympathie anstelle von Egoismus treten zu lassen.
Kundalini Yoga
Der Fokus wird verstärkt auf die spirituelle Wirkung der Atmung gelegt um Energien freizusetzen.
Viniyoga
Die Einheiten, Abfolgen und Atemtechnik werden auf die Bedürfnisse, Lebenssituation und die Gesundheit des Praktizierenden abgestimmt.
Vinyasa Yoga
Atmung uns Bewegung sind während der anstrengenden Übungen und dem intensiven Stretching synchron.
Yin Yoga
Der eher sanfte Stil stärkt und dehnt Gewebe und Muskeln durch das minutenlange Verharren in einer Position.
Über Krankenkassen, die Yogalehrer-Ausbildung und die Suche nach dem richtigen Yoga-Stil
Im Interview mit greenLIFESTYLE erzählt Yogalehrerin Antje Schäfer, was ihren Geduldsfaden zum Reißen bringt und worauf man als Yoga-Anfänger achten sollte.
Welche Situationen bringen sogar eine renommierte Yogalehrerin, wie Sie eine sind, aus der Ruhe?

Yogalehrerin Antje Schäfer teilt im Interview mit greenLIFESTYLE ihr Yoga-Wissen.
Das Zulassungsverfahren für die Yoga-Krankenkassenkurse. Es ist ein sehr aufwändiges schriftliches Verfahren, um sich für diese Primärpräventions-Kurse registrieren zu können. Und dieses sehr bürokratische und umständliche Prüfungs-Prozedere ist fernab jeder Realität. Leider wirkt es so, als würden die Krankenkassen absichtlich die Kriterien und das Verfahren so absurd gestalten, damit die meisten daran verzweifeln und aufgeben. Gleichzeitig ist es mit riesigen Kosten seitens der Kassen verbunden und man fragt sich, ob es nicht günstiger wäre, einfach alle Yoga-Kurse zu akzeptieren. Diese Mischung aus scheinbarer Schikane, sturem Beharren auf weltfremden Regeln und die Ignoranz, während gleichzeitig behauptet wird, die Kassen würden alles zahlen, lässt meinen – normalerweise sehr entspannten – Geduldsfaden reißen!
Und was machen Sie, um sich wieder zu entspannen?
Yoga! Ich bin dann voller Dankbarkeit. Dankbar dafür, dass es Yoga gibt und dankbar dafür, was Yoga einem so bedingungslos zur Verfügung stellt. Langsam darf sich während des Übens wieder Ruhe, Kraft, Zufriedenheit und innere Freude ausbreiten.
Wie würden Sie Yoga in einem Satz beschreiben?
Der immerwährende Zustand, in dem nichts fehlt.
Kann man beim Yoga auch etwas falsch machen?
Nicht wirklich. Wenn man etwas nicht richtig macht, dann hat es irgendwelche Konsequenzen, die man dann ausbaden muss. Beispielsweise Schmerzen, wenn man eine Haltung falsch ausübt. Aus diesen Konsequenzen lernt man dann wiederum, was einen in seiner Yoga-Praxis weiterbringt. Insofern kann man es fast nicht „falsch machen“ nennen, weil es einen ja zum Richtigen weiterführt.
Im Yoga entwickeln sich ständig neue Stile und Strömungen. Schleichen sich da auch „falsche“ Praktiken ein?
Meiner Meinung nach gibt es so viele „Yoga- Stile“ wie es Yoga-Übende gibt. Und was sich falsch oder richtig anfühlt, ist sehr individuell. Da gibt es kein grundsätzlich falsch oder richtig.
Gibt es einen Original- Yoga-Stil, sozusagen ein Ur-Yoga, aus dem sich alle weiteren Stile entwickelt haben?
Da muss man unterscheiden, ob man von der Yoga-Praxis als körperliche Disziplin spricht oder von der gesamten Yoga-Philosophie, die verschiedene Übungspraktiken kennt. Die Yoga-Philosophie hat ganz klar die Veden („Heilige Lehre“ im Hinduismus, Anm. d. Red.) und die Upanishaden (Sammlung philosophischer Schriften im Hinduismus, Anm. d. Red.) als Ausgangspunkt. Die dynamischen Yoga-Stile, die wir heutzutage hier im Westen üben, haben fast alle ihren Ursprung im Yoga von T. Krishnamacharya. Die von seinen Schülern gelehrten Stile haben die heutigen Strömungen sehr geprägt. Das waren beispielsweise Ashtanga Yoga von Shri K. Pattabhi Jois, B. K. S. Iyengar mit Iyengar Yoga und T. K. V. Desikachar mit dem Viniyoga. Daneben gibt es noch viele weitere Lehrer. Also kann man nicht von einem Original sprechen. Aber man kann sagen, dass Tradition im Yoga sehr wichtig ist. Das Alte lebt im Neuen weiter.
Sie unterrichten Jivamukti Yoga. Was zeichnet diese Art aus und wo liegen die Unterschiede zu anderen Stilen?
Es ist ein sogenannter dynamischer und auch körperlich anstrengender Stil, gleichzeitig wird fließend mit dem Atem zusammen geübt. Für mich hat Jivamukti Yoga etwas sehr ästhetisches. Einmal auf der körperlichen Ebene, die Asanas sind sehr schön und es fühlt sich gut an, sie mit dem Atem zu verbinden. Zum anderen heißt „ästhetisch“ auch, mit allen Sinnen wahrnehmen. Ich erfahre Jivamukti Yoga mit allen Sinnen. Von der Vibration des Om-Singes über das Ausrichten des Blickes und des Geistes, dem Bewegen des Körpers und dem Gefühl auf der Haut bis hin zum kompletten Bündeln all dieser Eindrücke und einem kompletten Zurückziehen. Es ist der Versuch, die alten Lehren in ein modernes Leben zu integrieren. Yoga-Philosophie spielt neben der eigenen Erfahrung eine große Rolle.
Welche Unterschiede gibt es bei der Ausbildung zum Yogalehrer und was macht einen guten Lehrer aus?
Die Ausbildung kann kurz oder lang, intensiv oder sehr oberflächlich sein. Leider bilden auch oft Leute aus, die selbst nicht viel Yoga-Erfahrung haben. Ich finde das sehr schwierig. Das Wichtigste ist, dass man die Möglichkeit hat, selbst viel Erfahrung zu sammeln, die man dann im Unterricht weitergeben kann. Und dass ein Überblick über die Vielfalt im Yoga geboten wird. Damit meine ich nicht die verschiedenen Stile, sondern die Philosophie. Yogalehrer werden, ist ein langer, nie endender Prozess. Und vor allem kann es nicht konsumiert werden. Man muss es selber machen. Die Ausbildung ist da nur ein Baustein, welcher aber eine sehr gute Grundlage sein kann. Wenn das so ist, ist es eine gute Ausbildung.
Wie findet man als ahnungsloser Neuling den Yoga-Stil, der zu einem passt?
Am Anfang finde ich am wichtigsten, dass es zwischenmenschlich zwischen Lehrer und Schüler passt. Den Stil findet man dann auch noch raus.
Welche ist Ihre Lieblingsposition?
Jede Haltung hat ihre Wirkung. Somit wandelt sich mit den Bedürfnissen auch, was man gerade am liebsten üben will.
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