Nur etwa so groß wie eine Walnuss und 18 bis 25 Gramm schwer: Die Schilddrüse ist ein kleines Organ mit großer Wirkung. Arbeitet es nicht, wie es soll, leiden Betroffene an einem Mix aus diffusen Symptomen, die schnell missinterpretiert werden.

Wie ein Schmetterling: So sieht die Schilddrüse, medizinisch Glandula thyreoidea, ungefähr aus. Mit geöffneten Flügeln sitzt sie vor der Luftröhre etwa mittig im Halsbereich. Von dort versorgt sie als Teil eines komplexen Kreislaufs den Körper mit den Hormonen Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) sowie anderen Botenstoffen. Sie wirken auf eine Vielzahl von Körperfunktionen, beispielsweise auf Herz und Kreislauf. Ebenso sind sie an Stoffwechselprozessen von Fett, Eiweiß und Bindegewebe, Kohlenhydraten, Insulin und in den Muskeln beteiligt. Die Hormone leisten außerdem einen Beitrag zu Gehirnaktivität und Darmtätigkeit sowie zum Wachstum von ungeborenen Babys im Mutterleib. Zusammengefasst: Die Schilddrüsenhormone mischen überall mit. Arbeitet die Schilddrüse nicht richtig, beeinflusst das nahezu jeden Prozess im Körper.

Die Schilddrüse ist nahezu an jedem Prozess im Körper beteiligt; Foto © Buravleva stock via shutterstock.com

Eine gesunde Schilddrüse produziert täglich etwa 80 bis 100 Mikrogramm des T4-Hormons und zehn bis 50 Mikrogramm T3. An den Körper gibt sie genau so viel ab, wie er benötigt – das variiert je nach Situation und Lebensumstand, den Überschuss speichert sie in ihren Zellen. Wie viele T3- und T4-Hormone in den Körper geschüttet werden sollen, erfährt die Schilddrüse über einen weiteren Botenstoff: Das Thyroid Stimulating Hormone (TSH) wird von der Hirnhangdrüse, auch Hypophyse genannt, gebildet. Sie bestellt via TSH die benötigte Hormonmenge, die Schilddrüse liefert aus.

In diesem Artikel findest du allgemeine Informationen zu Krankheitsbildern der Schilddrüse. Er darf jedoch keinesfalls zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Bei Auffälligkeiten und Unwohlsein ist eine Vorstellung bei einem Arzt oder einer Ärztin unerlässlich.

Schilddrüsenüberfunktion

Das Deutsche Schilddrüsenzentrum beschreibt das Organ als ein Gaspedal. Gibt die Schilddrüse zu viel Gas und schüttet entsprechend viele Hormone aus, laufen die einzelnen Prozesse im Körper dauerhaft mit zu hoher Drehzahl. Das kann sich auf unterschiedliche Weise äußern: Herzrhythmusstörungen, hoher Blutdruck und hoher Ruhepuls, Nervosität, innere Unruhe sowie Schlafstörungen können Betroffene bis hin zur Erschöpfung und Kraftlosigkeit plagen. Weitere Symptome, die auf eine Überfunktion der Schilddrüse hinweisen, sind starkes Schwitzen, Durchfall, Zittern, Gewichtsverlust, Haarausfall, Stimmungsschwankungen sowie eine erhöhte Reizbarkeit bis hin zur Aggressivität. Bei Frauen sind außerdem Zyklusschwankungen möglich. All diese und noch weitere Symptome können auftreten, müssen aber nicht. Wie ausgeprägt und in welchen Kombinationen sie auftreten, variiert ebenfalls.

Die häufigsten Ursachen für eine Überfunktion der Schilddrüse sind die Basedowsche Krankheit, auch Morbus Basedow genannt, und die Schilddrüsenautonomie.

Bei einer Autonomie arbeitet die Schilddrüse unabhängig von den Bestellungen der Hirnhangdrüse und produziert unkontrolliert Hormone, die in den Kreislauf gegeben werden. Eine mögliche Erklärung für eine Schilddrüsenautonomie ist chronischer Jodmangel. Das Spurenelement ist der Baustein, aus dem das Organ die Hormone produziert. Da der Körper Jod nicht selbst herstellen kann, muss es über die Nahrung aufgenommen werden. Reichen die Mengen nicht aus, wächst die Schilddrüse – medizinisch ist dann die Rede von einer Struma – und bildet Knoten, um die geringen Jodmengen effektiver zu verarbeiten. Die Knoten, auch Adenome genannt, machen sich selbstständig und produzieren unkontrolliert Hormone. Reguliert sich der Jodhaushalt, beispielsweise durch eine Ernährungsumstellung, kann das zu einer Überfunktion führen.

Eine Überfunktion der Schilddrüse kann außerdem als Symptom der Autoimmunkrankheit Morbus Basedow auftreten. Die Schilddrüse wird von Antikörpern angeregt und produziert daraufhin Hormone, die unkontrolliert in den Kreislauf gelangen. Die Beschwerden zeigen sich ähnlich diffus wie bei der Autonomie. Zudem wirkt sich die Basedowsche Krankheit neben der Schilddrüse möglicherweise auf andere Organe wie die Augen oder das Bindegewebe von Unterschenkeln, Händen und Füßen aus.

Ein Arzt kann feststellen, ob es sich um eine Schilddrüsenunterfunktion oder -überfunktion handelt; Foto © Burdun Iliya via shutterstock.com

Schilddrüsenunterfunktion

Eine weitere Autoimmunkrankheit, die sich gegen die Schilddrüse richtet, ist als Hashimoto Thyreoditis bekannt – nach dem japanischen Arzt, der sie entdeckte. Angaben der Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) zufolge ist Hashimoto-Thyreoiditis die häufigste Ursache von Schilddrüsenunterfunktion bei Erwachsenen. Antikörper richten sich gegen die Schilddrüse, greifen sie an und verursachen chronische Entzündungen im Organ. Auf lange Sicht wird die Schilddrüse irreparabel zerstört, was zu einer chronischen Unterfunktion führt.

Denkt man wieder an das Bild mit dem Gaspedal, bedeutet eine Unterfunktion, dass sich Körper und Geist mit zu niedriger Drehzahl durchs Leben schleppen. Extreme Müdigkeit, auffallend schnelle Erschöpfung, Konzentrationsstörung, fehlender Antrieb, Desinteresse und teilweise starke depressive Verstimmungen gehen häufig mit dem resultierenden Hormonmangel einher. Außerdem können Betroffene von Kopfschmerzen, Verstopfung, Appetitlosigkeit und einer hohen Anfälligkeit für Infekte geplagt werden. Weitere mögliche Hinweise auf eine Unterfunktion sind eine starke Gewichtszunahme, stumpfes Haar und Haarausfall, trockene Haut, Kälteempfindlichkeit und Schwellungen um die Augen, geschwollene Zunge oder Schwellung des gesamten Gesichts. Ebenso wie bei einer Überfunktion sind die Symptome unspezifisch, können unterschiedlich stark und in willkürlichen Kombinationen auftreten.

Bei Hashimoto ist der Krankheitsverlauf meist schleichend und teilweise irreführend. Beispielsweise ist es möglich, dass zeitweise die Symptome einer Überfunktion auftreten, da durch die Zerstörung der Zellen zu viele Hormone freigesetzt werden. Meist jedoch entwickeln sich die ohnehin sehr unspezifischen Symptome über einen längeren Zeitraum, sodass sie anfangs nicht unbedingt wahrgenommen werden.

Auf die inneren Werte kommt es an

Für die Untersuchung und während der Behandlung der Schilddrüse sind neben dem allgemeinen Befinden die Werte des TSH sowie der freien T3- und T4-Hormone die wichtigsten Indikatoren.

Mögliche Unterfunktion Normalbereich für Erwachsene Mögliche Überfunktion
TSH höher als 4,0 mU/l etwa 0,4 – 4 Milliunits pro Liter (mU/l) niedriger als 0,4 mU/l
Freies T3 niedriger als 1,7 ng/l etwa 1,7 – 3,7 Nanogramm pro Liter (ng/l) höher als 3,7 ng/l
Freies T4 niedriger als 7 ng/l etwa 7 – 14,8 Nanogramm pro Liter (ng/l) höher als 14,8 ng/l

Als medizinisch unauffällig beziehungsweise normal gilt eine breite Spanne an Schilddrüsenwerten. Der persönliche Normbereich kann jedoch viel enger gefasst sein, sodass Symptome einer Über- oder Unterfunktion ebenso bei Werten im Normalbereich auftreten können. Außerdem können Ober- und Untergrenzen der Normwerte bei unterschiedlichen Laboren leicht voneinander abweichen. Für Kinder gelten altersbedingt andere Werte.

Schilddrüsenfehlfunktion und die Auswirkungen auf die Psyche

Insbesondere der seelische Leidensdruck macht Betroffenen zu schaffen. Die Schilddrüsenhormone tragen erheblich zu den Stoffwechselprozessen der Nervenzellen und zur Gehirntätigkeit bei. Die Schilddrüsenfunktion beeinflusst also auch die Psyche und die innere Balance. Wenn die Ursache für fehlenden Antrieb und mangelnde Konzentration, Desinteresse und depressive Stimmung jedoch nicht bekannt ist, setzt man sich selbst unter Druck. Man sagt sich ständig, dass man sich zusammenreißen soll, und scheitert dennoch immer wieder. Zwar in anderer Form, doch nicht weniger belastend wirkt sich eine Überfunktion auf das seelische Gleichgewicht aus. Rastlosigkeit und Erschöpfung, Nervosität, Stimmungsschwankungen und schlimme Angstzustände können Erkrankte an den Rand der Verzweiflung treiben. Zu den inneren Beschwerden gesellen sich zudem die körperlichen Symptome und das allgemeine Befinden lässt sich mit schlecht beschreiben.

Ist eine kranke Schilddrüse als Ursache ausgemacht, lassen sich die Symptome meist gut behandeln. Der erste Weg führt in der Regel über Medikamente. Man braucht jedoch Geduld, bis diese richtig eingestellt sind und die Beschwerden nachlassen. Manche Erkrankungen wie Hashimoto müssen ein Leben lang behandelt werden. Bei Morbus Basedow hingegen können sich die Werte verbessern, sodass es möglich ist, die Medikamente abzusetzen. Eine bewusste und speziell auf die eigenen Bedürfnisse angepasste Ernährung trägt außerdem zum Wohlbefinden bei. Weitere Schritte wie ein operativer Eingriff, die Radiojodtherapie – bei der unter strenger Aufsicht radioaktives Jod verabreicht wird, damit es gezielt im kranken Organ wirkt – oder lokale nicht-operative Behandlungsverfahren können je nach Befund und Therapieerfolg nächste Schritte sein.

Bevor eine passende Behandlung ausgemacht werden kann, bedarf es jedoch einer Diagnose. Das scheint, Erfahrungsberichten in Patientenforen zufolge, eine der größten Hürden zu sein – obwohl das Diagnoseverfahren relativ simpel ist: Ein großes Blutbild sowie ein Ultraschall beziehungsweise eine Szintigrafie reichen häufig aus, um eine Erkrankung oder Dysfunktion festzustellen. Allerdings deutet die variierende Symptomatik oft auf andere Ursachen hin: Leidet man an Verdauungsproblemen, sucht man erst im Magen-Darm-Trakt und nicht im Hals. Wie Bart Simpson meinte: Niemand verdächtigt als Erstes den Schmetterling.

Insbesondere wenn in der Familie Schilddrüsenerkrankungen bekannt sind, sollte dem Organ erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden – sie treten in Familien oft gehäuft auf.

Eine starke Belastung und psychosozialer Stress, hormonelle Veränderungen, beispielsweise durch Schwangerschaft oder Wechseljahre, und andere Umwelteinflüsse können eine Erkrankung oder Dysfunktion ebenfalls verursachen. Treffen kann es also jeden. Eine regelmäßige Untersuchung der Blutwerte und des Organs selbst kann also nicht schaden. Und wenn Körper und Geist verrückt spielen: immer auch den Schmetterling verdächtigen.

Auf einen Blick: Häufige und typische Symptome einer …

Überfunktion

  • Hoher Blutdruck

  • Herzrhythmusstörungen

  • Nervosität und innere Unruhe

  • Starke Stimmungsschwankungen

  • Erschöpfung und Kraftlosigkeit

  • Schlafstörungen

  • Gewichtsverlust

  • Durchfall

  • Haarausfall

  • Zyklusstörungen bei Frauen

Unterfunktion

  • Depressive Verstimmung

  • Extreme Müdigkeit und schnelle Erschöpfung

  • Konzentrationsstörungen, Antriebsmangel und Desinteresse

  • Kopfschmerzen

  • Gewichtszunahme

  • Verstopfung

  • Fehlender Appetit

  • Kühle, trockene Haut

  • Stumpfe Haare und Haarausfall

  • Hohe Kälteempfindlichkeit

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