In Repaircafés treffen sich Menschen, um gemeinsam kaputte Gegenstände zu reparieren – und zwar nicht nur aus reiner Notwendigkeit, sondern auch als Ausdruck einer nachhaltigen Haltung. Ehrenamtliche Helfer*innen mit unterschiedlichen handwerklichen Fähigkeiten bieten ihre Unterstützung an, um defekte Geräte, Möbel oder Kleidung wieder funktionstüchtig zu machen. Doch hinter diesem einfachen Reparaturprozess steckt weit mehr als nur der Wunsch, Dinge weiter zu nutzen.

repaircafés

Abbildungen: © dzmat.ph, Vectorium / Shutterstock.com

Richard ist ein bisschen spät dran. Auf dem Kopf hat er noch seinen Fahrradhelm, als er einen kleinen Raum im Erdgeschoss des Münchner Kulturzentrums Gasteig betritt. Gut gelaunt ist er trotz Verzögerung.

Er freut sich auf den Nachmittag. Als Ehrenamtlicher hilft er hier im Repaircafé Menschen seit zwei Jahren, Elektrogeräte zu reparieren. Er mag nicht nur die Herausforderung, sondern sagt: „Für mich ist das meine wöchentliche Wirkung.“

Im Zimmer, das dem Erfindergarden Foundation für das Projekt zur Verfügung steht, ist beinahe jeder Zentimeter genutzt. Da stehen zwei Polsterstühle und eine Bank aus Spanplatten. Ein altes Grundig-Radio rauscht auf der Fensterbank.

An den Wänden hängen Regale mit Werkzeug. Das Wichtigste aber ist ein großer Tisch. Darauf Becher mit Schraubenziehern in verschiedenen Größen, drum herum sitzen bereits Menschen. Da ist zum Beispiel Wolfgang, der an einem türkisen Wasserkocher herumschraubt. Genau das Richtige für den 69-jährigen Rentner, der früher als Ingenieur für Elektro- und Informationstechnik tätig war. Daneben sitzt der Wasserkocherbesitzer und schaut gespannt zu.

Nicht einmal fünfzehn Minuten wird es dauern, bis er begeistert ruft: „Sie haben magische Hände!“, während das Gerät wieder tut, was es soll. Der Gast stellt fest: „Man sieht: Man kann es reparieren, nur ich eben nicht.“

Repaircafés: Tüfteln für die Umwelt

Im Kern geht es genau darum: In Repaircafés findet man auf Spendenbasis Hilfe, wenn etwas den Geist aufgibt. Die Idee kommt aus den Niederlanden. Dort soll 2009 die erste Werkstatt dieser Art gegründet worden sein.

Inzwischen ist das Prinzip in Deutschland ebenfalls verbreitet. Rund 1.180 solcher Orte sind auf der Seite Reparatur-Initiativen hierzulande gelistet. Richard hat den Helm gegen eine Cap getauscht.

Das erste Projekt wartet bereits: „Das ist die Zwitscherbox der Enkelin“, erklärt ihm eine Frau und überreicht einen kleinen Gegenstand, der aussieht wie ein Haus.  Eigentlich soll das Gerät auf Bewegung reagieren und Vogelgezwitscher abspielen. Richard hält die Box ans Ohr, schaltet sie ein und aus. Kein Ton. Er mustert das Häuschen. „Keine Schrauben, das ist mal wieder typisch“, stellt er fest. „Damit man da nicht selbst Hand anlegen kann.“

Darauf trifft man hier oft: Produkte, die so konzipiert sind, dass sie nicht reparaturfähig sind und im Müll landen, wenn sie nicht mehr funktionieren. „Dieses ganze Weggewerfe können wir nicht lösen“, sagt Wolfgang. „Aber immerhin einen kleinen Beitrag leisten.“

Dass der gar nicht so klein ist, zeigt die Statistik des Cafés. Von 319 Gegenständen konnten acht Ehrenamtliche 203 reparieren. Seit Eröffnung des Cafés Ende 2022 beträgt die Umweltentlastung nach Rechnung der Betreiber immerhin zwei Tonnen CO2, was etwa 8.220 Kilometern mit dem Flugzeug entspreche.

Reparieren und Ratschen

Er habe „immer schon gebastelt und getüftelt“, sagt Richard von sich. Kein Wunder also, dass er den Deckel der Zwitscherbox schnell abgelöst hat. Alle Beteiligten beugen sich interessiert über das offene Häuschen.

„Da sehen wir schon das Problem: Die Batterie ist ausgelaufen.“ Während der Bastler mit einem Pinsel ausgelaufene Säure entfernt, ratschen Ehrenamtliche und Gäste durcheinander. Man merkt, es geht nicht nur um das Instandsetzen, sondern auch ums Zusammensein. Neben Werkstätten sind Repaircafés vor allem soziale Treffpunkte.

Während getüftelt und geratscht wird, füllt sich der Raum. Eine Person hat einen defekten Gameboy dabei, ein kaputter Handstaubsauger landet auf dem Tisch, eine Frau schiebt in einem Buggy eine Nähmaschine zur Tür herein.

Durch das Stimmengwirr dringt ein Ton. Genauer Vogelgesang. Die Zwitscherbox zwitschert wieder. Dieser Augenblick, wenn etwas wieder funktioniert, so findet zumindest Wolfgang, sei das Beste am Engagement im Café. Für ihn „ein kurzer, aber intensiver Moment des Glücks“.

Auf diesen Seiten findest du Repaircafés in deiner Nähe:

reparatur-initiativen.de

repaircafe.org/de

Ob Handy, Regal oder Pullover: Fast immer ist es besser für die Umwelt, Gegenstände zu reparieren, statt sie zu entsorgen. Warum und wo du Hilfe beim Instandsetzen findest, erfährst du hier.

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