Palmöl ist zwar sehr umstritten, aus unserem Alltag lässt es sich trotzdem kaum verbannen. Was du über den Rohstoff wissen solltest und was du als Verbraucher tun kannst.
In der Tütensuppe, den Chips, dem Shampoo, dem Biodiesel und, und, und. Ob du es bewusst wahrnimmst oder nicht, ob du es willst oder nicht, Palmöl ist mit sehr, sehr großer Wahrscheinlichkeit längst Teil deines Alltags. Und genau wie in tausenden anderen Haushalten auf der ganzen Welt kaum wegzudenken.
Aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme wird das begehrte Palmöl gewonnen. Foto © KYTan via shutterstock.com
Palmöl: der begehrte Rohstoff
Das zeigt schon eine gigantische Zahl: 77 Millionen Tonnen. So viel Palmöl wird nach Angaben des WWF pro Jahr weltweit produziert. Für die Herstellung solcher Mengen werden viele Ölpalmen benötigt, denn aus ihrem Fruchtfleisch wird der begehrte Rohstoff gewonnen.
Hersteller diverser Produkte von Nusscreme bis Duftkerzen verwenden das Öl aus verschiedenen Gründen: Palmöl ist billig, geschmacksneutral, stark erhitzbar, das ganze Jahr über erhältlich, bei Zimmertemperatur von streichfester Konsistenz – und praktisch für so gut wie alles einsetzbar. Auch in Deutschland: Laut Tagesschau werden hierzulande jährlich rund 1,8 Millionen Tonnen verbraucht.
Weltweit steigt – oder besser – explodiert der Bedarf: Heute ist er 60-mal so hoch wie 1961, so die Deutsche Umwelthilfe (DHU). Entsprechend mehr Platz braucht es für den Anbau, der vor allem in Indonesien (45,5 Millionen) und Malaysia (19 Millionen) stattfindet. In einem Bericht der International Union for Conservation of Nature (IUCN) von 2018 heißt es, dass allein für den industriellen Anbau, also für Großplantagen, 18,7 Millionen Hektor gebraucht würden. Hinzukämen noch Flächen, die Kleinbauern bestellen. Daher geht die NGO davon aus, dass es sich insgesamt um rund 25 Millionen Hektar handeln dürfte.
Ölpalmenplantagen erstrecken sich über weite Flächen in Indonesien und Malaysia. Foto © langitilham via shutterstock.com
Problematisches Palmöl
Die Plantagen in Indonesien und Malaysia liegen in den artenreichen Tropen. Doch für den Anbau werden eben diese zerstört. Laut WWF gilt der Anbau von Ölpalmen als eine der Ursachen für die Abholzung des Regenwaldes. Die DHU schreibt zum Beispiel: „Je nach Region konnten Forscher bis zu 60 Prozent der stattgefundenen Waldverluste direkt auf den Anbau der Ölpalme zurückführen.“ Zudem werde der „Rückgang von rund 400 Tierarten […] mit dem Lebensraumverlust durch die Ausbreitung der Ölpalmplantagen in Verbindung gebracht“.
Hinzukommen schwerwiegende soziale Probleme: Häufig gehören Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen auf den Plantagen zum Alltag. Laut einer Studie des Instituts für Menschenrechte werden Gehälter nicht immer in vereinbarter Höhe gezahlt. Zudem sei das Gehalt häufig an eine kaum zu erreichende Erntequote gekoppelt, was zur Folge habe, dass oft Familienmitglieder (auch Kinder) der Angestellten unbezahlt mitarbeiteten, damit es nicht zum Gehaltsausfall komme. Werde der gesetzliche Mindestlohn gezahlt, sei das ebenfalls kein Schutz vor Armut, „da der Mindestlohn nicht selten unter einem existenzsichernden Lohn liegt“.
Die Ernte auf den Ölpalmenplantagen findet oft unter menschenrechtsverletzenden Umständen statt. Foto © KYTan via Shutterstock
Darüber hinaus birgt die Arbeit auf den Plantagen durchaus Risiken für die Gesundheit: Nicht immer werde Schutzausrüstung und -kleidung richtig eingesetzt. Einerseits fehle das Wissen, andererseits würden Arbeitende auf die Ausrüstung verzichten, weil sie die Kosten selbst tragen müssten oder die nicht an das Klima angepasste Kleidung das Ernten erschwert.
Warum Palmöl nicht einfach ersetzen?
Bei Verletzungen der Menschenrechte, Zerstörung tropischer Wälder und Artensterben ist die Lösung scheinbar leicht: Weg vom Palmöl und stattdessen auf andere Fette und Öle setzen. Das würde die Probleme aber vermutlich nicht beseitigen, sondern sie – zu diesem Schluss kommen sowohl WWF als auch IUCN – verschieben oder im schlimmsten Fall sogar noch verschärfen.
Leider keine Lösung: Palmöl einfach ersetzen. Foto © Suwit Ngaokaew via shutterstock.com
Zum einen sei Palmöl „grundsätzlich kein schlechtes Öl“, schreibt der WWF. Denn im Vergleich zu anderen Ölen brauche es verhältnismäßig wenig Anbaufläche. Um genau zu sein, brauchen andere Ölpflanzen, wie aus dem IUCN-Report hervorgeht, bis zu neunmal mehr Platz. Die Ölpalme gilt dementsprechend als sehr ertragreich.
Würde man den Versuch unternehmen Palmöl gänzlich durch andere Sorten zu ersetzen, würde sich die benötigte Fläche deutlich vergrößern. Die DHU sieht Palmöl bei schrumpfenden Landwirtschaftsflächen und steigendem weltweiten Bedarf an pflanzlichen Fetten zudem als wichtiges Mittel zur Sicherung der Nahrungsversorgung. Laut WWF ist Palmöl in China und Indien für viele Menschen schon heute das Öl für den alltäglichen Gebrauch.
Wie lässt sich das Problem mit dem Palmöl angehen?
So wie es ist, kann es nicht bleiben – da sind sich alle NGOs und Umweltschutzorganisationen einig. Zu hoch sind die Opfer, die Menschen, Tiere und Umwelt derzeit bringen müssen. Wenn es keine Lösung ist, die Palmölproduktion einzustellen, dann muss sie nachhaltiger werden, konstatiert der IUCN-Bericht. Grundsätzlich fordert zum Beispiel der WWF: „Die Herstellung muss anders werden, als sie heute größtenteils ist – nämlich ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich.“ IUCN schlägt vor, sich einerseits darauf zu konzentrieren, neue Plantagen besser zu planen, damit nicht weiterhin tropische Wälder gerodet oder Torfmoore verkleinert werden.
Ölpalmenplantagen sind nicht nur Monokulturen, sondern um Palmöl zu gewinnen, werden auch tropische Wälder gerodet. Foto © Ishwar Thakkar via shutterstock.com
Schon heute gibt es Zertifizierungssysteme, anhand derer die Produktion nachhaltiger und sozialer gestaltet werden soll. Mit am meisten zum Einsatz kommt dabei zum Beispiel der 2004 etablierte Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palmoil, RSPO). Solche Systeme seien, so die DHU, „teilweise Hilfestellungen“. Die Umweltschutzorganisation ist aber der Auffassung: „Das ‚perfekte Siegel‘ gibt es noch nicht.“ Auch die Bundeszentrale für Ernährung geht davon aus, dass noch viel zu tun sei. Als „vornehmlich […] politische Aufgabe“ sieht die Behörde zum Beispiel den „zusätzlichen Einsatz hin zu einer gänzlich zertifizierten Wertschöpfungskette sowie weitere Anstrengungen, um Zertifizierungssysteme noch umweltfreundlicher und sozial verträglicher zu gestalten“.
Nötig sind politischer Wille und Maßnahmen
Die DHU formuliert zum Beispiel sehr klar, was für eine funktionierende Zertifizierung nötig wäre. So müssten Produzentenländer für „wirksame Vorgaben zur Land- und Ressourcennutzung, eine gute Landnutzungsplanung, sowie Bildungsmaßnahmen“ sorgen. Beziehende Länder könnten dies durch den Import „von nachhaltig und fair angebautem Palmöl“ begünstigen.
Die DUH macht aber auch deutlich, dass Zertifikate kein Allheilmittel sind. „Erhalt oder den Aufbau der Rechtsstaatlichkeit in Produzentenländern“ dürfe man damit nicht hintenanstellen. Auf lange Sicht sind nach Ansicht der Organisation „politischer Druck, nachhaltige Handelsabkommen, ein regulierter Finanzmarkt, der nur nachhaltige Produzenten und verarbeitende Branchen fördert“ unverzichtbar, um die Probleme, die Palmöl verursacht, zu bewältigen.
Worauf du achten kannst, wenn es um Palmöl geht
Auch wenn klar ist, dass vor allem die (Welt-)Politik gefragt ist, gibt es einige Dinge, die Verbraucherinnen und Verbraucher beachten können. Die Deutsche Umwelthilfe und die Verbraucherzentrale empfehlen unter anderem
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