Softdrinks, Doppelkekse, Nuss-Nougat-Creme, Burger und Co. sind nicht nur Fast Food, sondern auch hochverarbeitete Lebensmittel. Aber was heißt das eigentlich? Leider vor allem eins: Finger weg!
Knallige Verpackungen, Werbung auf Plakaten und dann noch dieser Geschmack: Es ist mitunter ganz schön schwierig, Chips, Schokoriegel und Co. die kalte Schulter zu zeigen. Dabei sind diese hochverarbeiteten Lebensmittel – im Englischen ultra-processed foods (UPFs) – alles andere als gesund.
Sie machen nicht nur dick, sondern – wie Studien nahelegen – auch krank. Dass Tiefkühlpizza und Fertiglasagne zu dieser Warengruppe gehören, wissen die meisten. Doch neben den üblichen Verdächtigen gibt es zahlreiche andere Produkte, die durch mehrere Verarbeitungsschritte nicht mehr viel mit ihrer natürlichen Form gemein haben.
Laut NDR gilt heute „jedes zweite Produkt aus dem Lebensmittelhandel als hochverarbeitet und potenziell gesundheitsschädlich“.

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Was sind hochverarbeitete Lebensmittel?
Immer mehr Produkte, die in unserem Einkaufskorb landen, sind ultrahochverarbeitet. Aber was heißt das? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt, es handle sich um „verzehrfertige Produkte, die durch Kombination von lebensmittelbasierten oder synthetischen Zutaten hergestellt werden“.
Um die Produkte zu erzeugen, seien „hochtechnisierte industrielle Prozesse erforderlich“. Dabei werden natürliche Lebensmittel in ihre Bestandteile zerlegt, mit Zusätzen versetzt und neu zusammengebaut. Am Ende entstehen Produkte, die verzehrfertig, lange haltbar und sehr schmackhaft sind.
Die NOVA-Klassifikation
Bei der Bewertung von Lebensmitteln hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Wirkung spielten lange Zeit nur die enthaltenen Nährstoffe eine Rolle. Nach wie vor ist es sinnvoll Nahrung anhand von Energie-, Salz-, Fett- und Zuckergehalt zu unterscheiden.
Weil mittlerweile jedoch viele Produkte nicht natürlich, sondern industriell hergestellt sind, reicht das System nicht mehr. Der brasilianische Arzt und Wissenschaftler Carlos Monteiro entwickelte deshalb die NOVA-Klassifikation. Sie teilt Lebensmittel nach Verarbeitungsgrad in vier Gruppen ein:
NOVA-Gruppe | Verarbeitungsverfahren | Zweck der Verarbeitung | Beispiele |
---|---|---|---|
1: Unverarbeitete/natürliche und minimal verarbeitete Lebensmittel | Trocknen, Rösten, Kochen, Gefrieren etc. | Lebensmittel konservieren, sicher oder genießbar machen | Frisches oder gefrorenes Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Eier |
2: Verarbeitete kulinarische Zutaten | Aus natürlichen Lebensmitteln oder der Gruppe 1 durch Verfahren wie Pressen, Mahlen etc. entstanden | Zutaten zum Würzen und Kochen gewinnen | Öle, Butter, Zucker, Mehl, Salz, Essig |
3: Verarbeitete Lebensmittel | Zusatz von Öl, Zucker oder anderen Zutaten aus Gruppe 2 zu Lebensmitteln aus Gruppe 1; Zusatzstoffe können enthalten sein; Verfahren wie Räuchern, Backen etc. | Haltbarkeit verlängern, sensorische Eigenschaften verbessern | Obst-, Gemüse-, Hülsenfrüchtekonserven, gesalzene Nüsse, frisch gebackenes Brot, geräuchertes Fleisch wie Schinken, Käse |
4: Hochverarbeitete Lebensmittel | Raffination, Fraktionierung, Hydrierung, Vorfrittieren; Einsatz von Zusatzstoffen | Herstellung hochprofitabler, lange haltbarer, verzehrfertiger, besonders schmackhafter Produkte | Abgepacktes Brot, Cerealien, Fruchtjoghurt mit Zuckerzusatz und Zusatzstoffen, Erfrischungsgetränke, Süßigkeiten, salzige oder frittierte Snacks, verarbeitetes Fleisch wie Würstchen, Fertiggerichte |

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Wieso sind UPFs problematisch?
Im Idealfall sollte man UPFs nicht oder zumindest nur mit Bedacht in den Speiseplan integrieren. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen machen vor allem billige und weniger gesunde Zutaten die Produkte für Hersteller rentabel, so die DGE. Im Einkaufswagen landen so Produkte, die eine geringe Nährstoff- und hohe Energiedichte haben.
Sie enthalten meist viel Fett, Salz und Zucker, aber wenige Vitamine, Ballast- und Mineralstoffe. Die Organisation Food Watch ist zum Beispiel der Ansicht:
„Das Lebensmittelangebot hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv gewandelt. Jederzeit und überall sind hochkalorische, hochgradig verarbeitete und zuckerreiche Lebensmittel im Übermaß verfügbar.“
Die DGE stellt fest: Je höher der Anteil an UPFs, desto schlechter ist die Qualität der Ernährung.
Hinzu kommen zahlreiche Zusatzstoffe. Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind EU-weit rund 320 Zusatzstoffe zugelassen. Die Süßungsmittel, Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Säureregulatoren und Trennmittel werden zwar einzeln auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft, Bedenken hat aber zumindest die DGE „hinsichtlich nicht untersuchter langfristiger beziehungsweise durch Kombination mehrerer Zusatzstoffe ausgelöster negativer gesundheitlicher Wirkungen“.
Darüber hinaus gibt die Stelle an, dass Auswertungen zeigten, dass Zusammenhänge zwischen verarbeitetem Fleisch und zuckergesüßten Getränken sowie der Entstehung chronischer ernährungsbedingter Krankheiten gebe.
Verarbeitetes Fleisch stehe beispielsweise in Verbindung mit erhöhtem Risiko für Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Krankheiten und anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Doch die DGE räumt auch ein, es sei „schwer nachweisbar, welche Ursachen und Mechanismen den beobachteten Zusammenhängen zwischen UPFs und Krankheitsrisiken zugrunde liegen“.
Klar ist jedoch, dass sich durch die Veränderung der Struktur beziehungsweise das Herauslösen von Zellen der Verdauungsprozess im menschlichen Körper ändert. Während die einzelnen Stoffe zum Beispiel bei frischem Obst im Magen-Darm-Trakt einzeln gelöst werden müssen, wird dieser Schritt bei UPFs übersprungen.
Hinzu komme, so stellt es die Universität Jena fest, eine indirekte negative Wirkung, weil Menschen, die viele verarbeitete Produkte konsumieren, meist weniger frische Produkte zu sich nehmen. Auch in Hinblick auf die Umwelt sind hochverarbeitete Lebensmittel bedenklich.
Billige Zutaten, die zum Einsatz kommen, können mit ihrem Preis vor allem deshalb punkten, weil sie in Massen zur Verfügung stehen. Möglich machen das unter anderem intensive Landwirtschaft, Abholzung von Wäldern sowie der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln.
Außerdem sind der Aufspaltungsprozess und die aufwendige Verpackung ressourcenintensiv. Die DGE kommt zum Schluss:
„Die durch sie verursachten Umweltauswirkungen wären vermeidbar und ihre Einschränkung eine simple Strategie, ernährungsbedingte Umweltauswirkungen zu verringern.“
Ohne Tierleid – dafür hochverarbeitet
Immer mehr Menschen verzichten probeweise oder grundsätzlich auf tierische Produkte. Damit steigt das Interesse an Fleischersatzprodukten. Dem Statistischen Bundesamt zufolge wurden 2021 97.900 Tonnen Fleischersatzprodukte hergestellt. Die Produktion sei im Vergleich zu 2019 um rund 62 Prozent gestiegen.
Das Unternehmen Rügenwalder Mühle verzeichnete nach eigenen Angaben 2021 erstmals einen höheren Absatz vegetarischer und veganer als fleischhaltiger Waren. Diese Speisen mögen zwar rein pflanzlich sein, natürlich sind sie deshalb aber nicht. Im Gegenteil: In der Regel sind sie hochverarbeitet. Die Verbraucherzentrale kam in ihrem Marktcheck 2021 beispielsweise zu dem Ergebnis, dass in 30 von 44 Produkten insgesamt 16 verschiedene Lebensmittelzusatzstoffe stecken.
Dazu gehören Verdickungsmittel, Stabilisatoren, Antioxidationsmittel und mehr. Inzwischen kämen zwar mehr Produkte ohne Zusatzstoffe aus – waren es 2017 noch 15, sind es nun 32 Prozent. Dafür sind vermehrt Pflanzenfasern enthalten, die bisher nicht als Zusatzstoffe deklariert werden müssen. Sie binden Wasser und geben Struktur. Bezeichnungen wie Bambus- oder Haferfasern vermitteln Verbraucherinnen und Verbrauchern, dass es sich um eine natürliche Zutat handle.
Doch hinter solchen Begriffen verbirgt sich ein Extrahierungsprozess, an dem so gut wie nichts natürlich ist. Ähnlich verhält es sich beispielsweise bei Erbsenprotein: Auch hier landet nicht die ganze Hülsenfrucht im Gericht, sondern das Eiweiß wird industriell separiert und später als Pülverchen zugesetzt.
Was tun?
Für die DGE ist klar: „Weltweit weniger UPFs zu konsumieren ist wichtig, um die Umweltauswirkungen des Lebensmittelsystems zu verringern und Ernährungssicherheit zu gewährleisten.“ Die Weltgesundheitsorganisation fordert ebenfalls Maßnahmen für weniger Konsum der hochverarbeiteten Produkte. Ob ein Lebensmittel hochverarbeitet ist, müssen Hersteller derzeit nicht kennzeichnen.
Wie viele und welche Verarbeitungsschritte in einem Produkt stecken, ist oft kaum ersichtlich. Ein guter Indikator ist allerdings die Zutatenliste. Was nicht klingt, als könnte es in der eigenen Küche stehen, ist meist ein Zeichen für einen hohen Verarbeitungsgrad. Und auch die Länge der Liste spielt eine Rolle. Hier gilt: Je länger, desto schlechter.
Sind mehr als 15 Zutaten aufgelistet, sollte man besser verzichten. Die Verbraucherzentrale zum Beispiel empfiehlt, Lebensmittel mit Aromen und Geschmacksverstärkern zu meiden, damit der Geschmackssinn keinen Schaden nimmt. Auch Süßstoff sollte man nur selten konsumieren. Außerdem lohne sich der Griff zu Bioprodukten, da sie weniger Zusatzstoffe enthalten dürfen.
Die Lebensmittelauswahl allein anhand der NOVA-Klassifikation zu treffen, ist trotzdem nicht empfehlenswert. Denn hier entsteht schnell der Eindruck, dass alle Lebensmittel einer Gruppe gleichwertig sind. So landen zum Beispiel Weißbrot und Vollkornbrot in der gleichen Kategorie, obwohl zweiteres deutlich mehr Nähr- und Mineralstoffe enthält.
Eine Kombination beider Einteilungen bietet sich an, um zu einer gesunden Ernährung mit hoher Nährstoffdichte und geringem Verarbeitungsgrad zu gelangen. Wer sich unsicher ist und vor Supermarktregalen rätselt, kann zum Beispiel die Webseite Open Food Facts zu Rate ziehen. Auf dieser Plattform können Interessierte Produkte und deren Nährwerte, Umweltauswirkungen und mehr finden. Jede und jeder kann zu diesem Community-Projekt etwas beitragen, Nahrungsmittel hinzufügen und so die Transparenz im Lebensmittelsektor erhöhen.

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