Elektroautos gelten als die Zukunft der Mobilität. Emissionsfrei von A nach B in einem schicken E-Auto, das keinen Lärm macht und nicht stinkt – das wäre eine riesige Entlastung für die Umwelt, würde die Lärm- und Luftbelastung in den Städten minimieren und Ballungsgebiete wieder lebenswerter machen. Doch der Weg in diese sauberen Zeiten ist nicht ohne Schwierigkeiten.

TEXT BENIGNA DAUBENMERKL

Das erste E-Auto

Kaum zu glauben, aber theoretisch könnten die heute als Zukunftslösung propagierten Elektroautos schon auf 120 Jahre Tradition zurückblicken, wenn – unter anderem – nicht der erste Weltkrieg ausgebrochen wäre. Denn bereits im Jahr 1900 stellte der Autokonstrukteur Ferdinand Porsche auf der Weltausstellung in Paris ein Elektroauto vor. Mit Holzkarosserie, jeweils einem Motor in den beiden Vorderrädern und einem Bleiakku, ganze 400 Kilo schwer. Die Spitzengeschwindigkeit des Fahrzeugs betrug 50 Stundenkilometer, die Reichweite 50 Kilometer. Der Kriegsausbruch im Jahr 1914 bereitete dieser innovativen Technik ein abruptes Ende. Denn im Krieg ließ sich der Benzinnachschub wesentlich leichter organisieren als Strom zum Aufladen der Batterien. Sonderbarer Weise kämpft die „neue“ E-Technik heute mit den gleichen Schwierigkeiten. Daher beträgt der Elektroanteil der deutschen PKW-Flotte selbst bei den Neuzulassungen immer noch weniger als ein Prozent.

Das liegt zu einem großen Teil an dem immer noch nicht hinreichend gelösten Problem des Nachladens von E-Fahrzeugen. Auch wenn inzwischen jedem schon die eine oder andere Elektro-Ladestation aufgefallen ist: selbstverständliche Bestandteile unserer Infrastruktur sind die E-Säulen noch nicht. So sind die lückenhafte Ladestruktur im öffentlichen Raum und die Angst, mit leerem Akku liegen zu bleiben, – neben dem hohen Anschaffungspreis eines Elektroautos – einer der Gründe, warum deutsche Autokäufer derzeit lieber zum altbekannten Verbrennungsmotor greifen. Dazu kommt, dass es deutlich länger dauert, einen „Stromer“ aufzuladen als kurz an der Tanke vorbeizufahren.

Viele Manager der Automobilkonzerne sind sich durchaus bewusst, dass ein radikaler Wandel auf uns zukommen wird. Solange jedoch unsicher ist, wann genau der Umbruch hin zu emissionsfreiem Fahren erfolgt, setzen sie lieber auf Altbewährtes. Autos sind ein gutes Geschäft. In zwanzig Jahren brauchen wir vermutlich keine Verbrennungsmotoren mehr und die aufwändigen Getriebe und die komplexe Fahrzeugtechnik von heute haben dann ausgedient. Die Marktlage, die Produktionsbetriebe, die Renditen – alles wird völlig anders aussehen. Diese Aussichten dürften für das bisherige Zögern so mancher Autohersteller verantwortlich sein.

Benziner oder Stromer – die Unterschiede

Für die Autofahrer bietet die neue Technik durchaus einige Vorteile. So ist die Bauweise eines Stromers wesentlich einfacher, denn es entfallen Bauteile wie Getriebe, Abgasanlage oder Tank. Bei den Unterhaltskosten werden sich diese Unterschiede deutlich bemerkbar machen. Angenehm, zumindest für Fahrer und Fahrgäste: Im Betrieb sind Stromer sehr leise und sie beschleunigen rasant. An der Ampel ziehen sie sogar an einem Ferrari vorbei, auch wenn eine solche Fahrweise, wie beim Benziner, viel Energie kostet.

Zukünftig kann man sicher mit spannenden neuen Designs rechnen. Denn das Einzige, was in diesen Autos wirklich Platz benötigt, ist die Batterie. Sie liegt bei den meisten Modellen flach auf dem Boden, da der niedrige Schwerpunkt Vorteile bringt. Fachleute gehen davon aus, dass E-Autos in einigen Jahren den Verbrennern so ähnlich sehen werden, wie Smartphones den ersten Telefonen. Den Mut, diese neuen Möglichkeiten auszuschöpfen, lassen die Hersteller bislang allerdings vermissen.

Ökobilanz von E-Autos

Ein wichtiger Vorteil: Elektroautos stinken nicht. Auch „tanken“ ist billig, die Wartung sehr überschaubar. Die Ökobilanz ist vielversprechend, vorausgesetzt, die Entwicklung kopiert nicht die jüngsten Trends zu hoher Leistung und steigender Größe bei den herkömmlichen Autos. Denn das würde bei Stromern gleichermaßen die CO2-Bilanz der Fahrzeuge negativ verändern. Dazu kommt: Je größer die Reichweite des Fahrzeugs sein soll, umso schwerer die Batterien an Bord. Und diese sind ein beträchtlicher ökologischer Rucksack eines jeden E-Autos. Dabei spielt weniger die Chemie der Batterie die entscheidende Rolle, sondern die Herkunft und der Produktionsort. Viele Batterien für Elektroautos werden derzeit in China produziert. Gerade im Norden des Landes kommt der Strom vor allem aus Kohlekraftwerken – schlecht für die CO2-Bilanz –, im Südosten immerhin zu einem Drittel aus erneuerbaren Energien. Die CO2-Emissionen während der Produktion verändern das Klima natürlich immer, egal, wo sie in die Atmosphäre gelangen.

Auch Faktoren wie die Witterung während des Fahrens spielen für Ökobilanz und Energieverbrauch des jeweiligen Fahrzeugs eine nicht zu unterschätzende Rolle. Denn beim Elektroauto schlagen Heizung und Gebläse im Winter durchaus zu Buche, da die Wärme nicht, wie beim normalen Auto, als „Abfallprodukt“ des erhitzten Motors entsteht. Um sie zu erzeugen, braucht es einiges an Energie. Sogar der Zeitpunkt des Wiederaufladens kann sich unter Umständen, wenn viele Elektrofahrzeuge gleichzeitig am Ladekabel hängen, negativ auf die Bilanz auswirken. Dann nämlich, wenn die erhöhte Energienachfrage zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem gerade wenig erneuerbarer Strom zur Verfügung steht.

Der Umstieg kann sich für bestimmte Zielgruppen schon heute dennoch lohnen. Beispielsweise würden Berufspendler, also mehrere Millionen Menschen in Deutschland, mit einem rund 50 Kilometer langen Weg zum Arbeitsplatz, mit Elektroautos zugleich Geld sparen und die Luft weniger verschmutzen, rechnen Verkehrsexperten vor. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Berechnung der Ökobilanz eines Stromers sehr komplex ist und die Ergebnisse teilweise unterschiedlich ausfallen: Die CO2-Bilanz spricht fast immer für E-Fahrzeuge. Da man davon ausgehen kann, dass in den nächsten Jahren der Anteil der regenerativen Energien beim Strom wächst, verbessert das die Bilanz langfristig noch mehr.

E-Autos im Vormarsch – Zukunftstechnologie auf dem Sprung

Solange das Problem der Ladeinfrastruktur für Elektroautos im öffentlichen Raum nicht besser gelöst ist, werden sich viele Verbraucher nur schwer davon überzeugen lassen, von einem funktionierenden, überall greifbaren Tankstellensystem zu einem unsicheren, weil noch lückenhaften, Ladestationen-Netz zu wechseln. An dieser Stelle wird die Initiative von Politik und Autoherstellern gefragt sein. Der vergleichsweise kleine US-Konkurrent Tesla hat es vorgemacht und geschafft, in kurzer Zeit ein leistungsstarkes und weitverzweigtes Ladesystem entlang der Autobahnen Europas aufzubauen.

Inzwischen haben sich hierzulande einige Autohersteller wie Audi, BMW, Daimler und Porsche mit Ford zusammengeschlossen. Sie arbeiten daran, bis 2020 ein Netz von Schnellladestationen über Europa zu legen. Von der neuen Entwicklung wollen sie sich nicht überholen lassen. Gerade jetzt, wo China verbindliche Quoten für Elektroautos eingeführt hat. Bei uns sollen sie nun auch in großem Umfang kommen. Die Industrie stellt bereits neue Weichen. Sie hat für die kommenden fünf Jahre mehr als hundert verschiedene Elektroauto-Modelle angekündigt.

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