Fischstäbchen, Seelachsfilet, Garnelen und Co. – die Auswahl an Fischprodukten und Meeresfrüchten im Supermarkt ist groß – noch! Denn die Fischbestände unserer Gewässer sinken auf alarmierende Zahlen …
Text Helen Schmidt
Menschen auf der ganzen Welt lieben und essen Fisch. Für viele ist es Lebensgrundlage und ein wichtiges Handelsgut. Doch der industrielle Fischfang hat enorme Auswirkungen auf die Fischbestände in den Gewässern weltweit und stellt eine große Bedrohung für sie dar: Etliche sind bereits bis an ihre Grenzen genutzt, manche sogar überfischt und einige ganz und gar erschöpft.
Wenn wir die Ozeane weiter so schonungslos plündern, wird es laut dem WWF die meisten Fischarten bis 2050 vermutlich nicht mehr geben.
Mit Ihrer Einkaufentscheidung für nachhaltigen Fisch können Sie einen aktiven Beitrag zum Schutz der Meere, Seen, Flüsse und deren Bewohner leisten.
Wir zeigen, worauf Sie beim nachhaltigen Fischkonsum achten sollten.
1. Weniger und bewusster Fisch konsumieren
Als allgemeinen Grundsatz gilt es den Fischkonsum zu reduzieren. Wer weniger Fisch isst und sich bewusst für nachhaltige Fischprodukte entscheidet, kann einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Denn genau wie beim Fleisch und anderen Lebensmitteln bestimmt die Nachfrage das Angebot. Damit die Massenfischerei eingeschränkt oder bestenfalls gestoppt wird, sollte Fisch, ebenso wie Fleisch, eine Delikatesse sein und nicht täglich auf dem Speiseplan stehen. Beispielsweise empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nur ein bis zweimal in der Woche Fisch zu verzehren.
Kathrin Steinberg, Head of Research beim ASC betont:
„Lassen Sie sich nicht von Sonderangeboten verführen. Fisch ist eine wertvolle Ressource, die ihren Preis haben sollte. Und auch Nachhaltigkeit gibt es nicht umsonst, denn verantwortungsvolle Fischerei und Fischzucht erfordern Investitionen, Veränderungen sowie Kontrollen.”
2. Saisonalen Fisch kaufen
Wenn Sie der Umwelt etwas Gutes tun wollen, sollten Sie bewusst Fische kaufen, die je nach Saison in europäischen Binnen- und Küstengewässern gefangen werden. Sie werden feststellen, dass das saisonale Angebot sehr vielfältig ist und zudem eine bessere Energie sowie CO₂-Bilanz aufweist als Importware. Zudem schmeckt frischer Fisch aus der Region besser, als solcher, der lange Transportwege und ständige Kühlung hinter sich hat.
Vivien Kudelka, Meeresbiologin beim MSC weiß:
„Fisch ist ein sehr ressourcenschonendes Nahrungsmittel mit geringem CO2-Fußabdruck – vor allem im Vergleich zu anderen tierischen Eiweißlieferanten. Ein Fischfilet ist gegenüber einem Rumpsteak immer die bessere ökologische Wahl.“
Mit dieser Übersicht haben Sie immer im Blick, welche europäischen Fische zu welcher Zeit Hauptsaison haben*:
Monat | Fische |
---|---|
Januar | Austern, Buntbarsch, Hering, Karpfen, Lachs, Miesmuscheln, Wolfsbarsch |
Februar | Austern, Buntbarsch, Hering, Kabeljau, Lachs, Miesmuscheln, Wolfsbarsch |
März | Austern, Buntbarsch, Flusswels, Forelle, Hering, Kabeljau, Lachs, Miesmuscheln, Wolfsbarsch |
April | Flusswels, Forelle, Kabeljau, Makrele, Sardelle, Sprotte, |
Mai | Brasse, Flusswels, Forelle, Makrele, Sardelle, Seezunge, Sprotte |
Juni | Brasse, Buntbarsch, Flusswels, Hecht, Makrele, Sardelle, Seehecht, Seeteufel, Seezunge |
Juli | Brasse, Buntbarsch, Dorade, Flussbarsch, Hecht, Sardelle, Seehecht, Seeteufel, Seezunge, Zander |
August | Brasse, Buntbarsch, Dorade, Flussbarsch, Flusskrebse, Hecht, Sardelle, Schleie, Seeteufel, Seezunge, Zander |
September | Brasse, Buntbarsch, Dorade, Flussbarsch, Flusskrebse, Hechte, Sardelle, Schellfisch, Schleie, Zander |
Oktober | Austern, Brasse, Dorade, Flussbarsch, Flusskrebse, Hecht, Karpfen, Miesmuscheln, Schellfisch, Schleie, Seezunge, Sprotte, Zander |
November | Austern, Flussbarsch, Hecht, Karpfen, Miesmuscheln, Schellfisch, Schleie, Seezunge, Sprotte, Zander |
Dezember | Austern, Buntbarsch, Flussbarsch, Hering, Karpfen, Lachs, Miesmuscheln, Schellfisch, Wolfsbarsch |
*Quelle: Simfisch
3. Fisch aus der Region kaufen
Einige hierzulande sehr beliebte Speisefische wie der Alaska-Seelachs haben eine weite Reise hinter sich, ehe sie in den Kühltheken bei uns im Supermarkt und schließlich auf unseren Tellern landen. Und obwohl es auch in Deutschland viele genießbare Fischarten gibt, macht heimischer Fisch nur rund acht Prozent des in Deutschland verzehrten Fisches aus.*
Forelle, Hecht, Makrele, Karpfen und Co. tummeln sich unter anderem in unseren Gewässern und den vielen Fischzuchten deutschlandweit – sie müssen nicht extra importiert werden und sorgen so für eine positive Ökobilanz. Zudem enthalten Süßwasserfische hochwertiges, leicht verdauliches Eiweiß und viele Vitamine sowie Mineralstoffe.
Regionaler See- und Süßwasserfisch wird allerdings eher selten im Supermarkt und schon gar nicht im Tiefkühlregal angeboten. Stattdessen wird er oft wetterabhängig und saisonal vermarktet. Fragen Sie beispielsweise bei einer lokalen Fischzucht oder einem Fischhändler vor Ort nach. Auf fisch-vom-kutter.de organisieren sich Fischer aus 23 Anlande-Orten der deutschen Ostseeküste, auf Sylt, in Dänemark und den Niederlanden.
Auch bei regionalem Fisch auf das Siegel achten
Allein in der Nord- und Ostsee leben über 200 verschiedene Fischarten. Die bekanntesten darunter sind: Scholle, Dorsch, Hering, Steinbutt, Seezunge und Kabeljau. Doch der Ostseedorsch und der Kabeljau sind bereits durch die intensive Befischung in ihrem Bestand gefährdet. Das bedeutet, dass regionaler Fisch zwar kürzere Transportwege hat, doch trotzdem nicht automatisch nachhaltig ist. Auch bei regionalem Fisch sollten Sie daher auf das Siegel achten! Ein Beispiel sind die Stellnetz-Fischer in der Ostsee, die nicht zertifiziert wurden, weil sich in ihren Herings-Netzen unter anderem Schweinswale verfangen können.
Dr. Holger Kühnhold vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen appelliert:
„Es muss nicht immer Lachs oder Thunfisch sein. Probieren Sie doch auch mal andere Fisch- und Meeresprodukte, zum Beispiel kleinere Fischarten wie Sprotte oder Kliesche, die eine hohe Nährstoffkonzentration haben. Auch Algen und andere Wasserpflanzen sind ein wahres Superfood – und sogar vegan.“
*Quelle: test.de
4. Auf Siegel und Nachhaltigkeitszertifikate achten
Verschiedene Einrichtungen und Verbände zeichnen Fischprodukte unter vielfältigen ökologisch-nachhaltigen Aspekten aus und machen es so für Verbraucher einfacher, umweltfreundlicheren Fisch zu erkennen. Diese sind die bekanntesten:
MSC
Das Siegel der Marine Stewardship Council (MSC) ist auf Initiative des Lebensmittelkonzerns Unilever und der Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) entstanden. Der MSC zeichnet nur jene Betriebe mit seinem Siegel aus, die diese drei Standards erfüllen:
- der Fischbestand darf nicht überfischt werden,
- es muss ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement geben
- das Ökosystem des Meeres darf nicht beschädigt werden
Das Siegel ist nicht perfekt oder frei von Kritik, aber es hat bereits viel bewegt und ist somit ein umfassendes Siegel für Wildfisch.
Das sagt Expertin Dr. Kristina Barz, Wissenschaftlerin am Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock, zum Konsum von gefährdeten Fischarten:
„Abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie etwa dem Aal, gibt es aus rein ökologischer Sicht kaum Fischarten, die wir gar nicht essen sollten. Es kommt immer auf den konkreten Bestand an, aus dem ein Fisch stammt. Von fast allen Fischarten gibt es nämlich sowohl überfischte als auch nicht-überfischte Bestände, und bei fast allen Fischarten gibt es Fischer, die umweltverträglich fischen und solche, die dies nicht tun. Man muss also genau hinsehen, wo der Fisch herkommt und wie er gefangen wurde. Nachhaltigkeitssiegel wie das MSC-Siegel (oder im Fall von Aquakultur das ASC-Siegel) geben dabei Orientierung.“
ASC
Das Siegel des Aquaculture Stewardship Council (ASC) ist das weltweit führende Gütesiegel für Zuchtfisch. Dieses legt Sozial- und Umweltstandards für konventionell bewirtschaftete Aquakulturen fest. Angelehnt an das MSC-Siegel hat auch hier der WWF mitgewirkt.
Der ASC prüft in seinem Standard mehrere Kernthemen ab:
- Ökologische Naturschutzaspekte: ASC-zertifizierte Betriebe legen ein Augenmerk auf Fischgesundheit und Krankheitsprävention, um den Medikamenteneinsatz zu reduzieren. Sie verwenden Futter aus nachhaltigen Quellen, das nicht zur weiteren Überfischung der Meere beiträgt. Es gibt strenge Vorgaben zum Abfall- und Abwassermanagement, damit die Wasserqualität und die Biodiversität im umliegenden Ökosystem hochzuhalten.
- Sozialstandards: ASC-zertifizierte Betriebe müssen sichere und faire Arbeitsbedingungen auf den Farmen nachweisen. Außerdem berücksichtigen sie die Rechte und Bedürfnisse der umliegenden Gemeinden.
Naturland
Naturland zertifiziert sowohl Produkte aus ökologischer Aquakultur, als auch aus nachhaltigem Fischfang.
Öko-Aquakultur:
Hier achtet Naturland vor allem darauf, dass neben den pflanzlichen Futterbestandteilen aus der Ökolandwirtschaft Fischmehl und -öl im Futter aus der Verarbeitung von Speisefischen kommen, um marine Ressourcen zu schonen – Fischerei ausschließlich für Fütterungszwecke soll dadruch vermieden werden. Außerdem verzichten Naturland Aquakultur-Betriebe auf Gentechnik sowie chemische Zusätze und achten auf geringere Besatzdichten für viele Fisch- und Shrimps-Arten.
Wildfisch:
Die Auszeichnung mit dem Naturland Wildfisch Siegel für handwerkliche Binnen- und Meeresfischereien ist unter anderem an den Verzicht auf kritische und umweltschädigende Fangmethoden wie zum Beispiel Grundschleppnetze sowie die Vermeidung beziehungsweise Minimierung von Beifang gebunden. Zudem wird auch auf Sozialstandards für Fischer geachtet.
Bioland
Der Bioanbauverband Bioland zertifiziert nur die Haltung von Karpfen in Aquakultur. Diese Friedfische ernähren sich pflanzlich, möglichst von den Nährstoffen im Teich. Carnivore Fische werden nicht zertifiziert, da deren Proteinbedarf häufig durch Tiermehl gedeckt wird und Bioland das ablehnt. Tierwohl ist Bioland besonders wichtig. Deshalb dürfen Fische nur in natürliche und naturnahe Gewässer wie Erdbecken oder Teiche gesetzt und aufgezogen werden – Plastikbecken sind nicht erlaubt. Außerdem wird die Wasserqualität regelmäßig überprüft, denn das verwendete Wasser muss genügend Sauerstoff enthalten und darf nicht mit bedenklichen Pestiziden belastet sein. Transport und Schlachtung der Fische unterliegen ebenfalls strengen Richtlinien, sodass die Fische keinen unnötigen Belastungen oder Stress ausgesetzt sind. Sie müssen vorab betäubt werden und dürfen nicht durch Ersticken getötet werden.
5. Augen auf beim Thunfischkauf
Als Steak, auf der Pizza, im Sushi, aus der Dose, in der Pasta oder im Salat – Thunfisch ist bei Verbrauchern äußerst beliebt, denn er ist vielseitig einsetzbar. Ebenso vielfältig wie die Verzehrmöglichkeiten sind allerdings auch die Probleme rund um den Thunfisch: Durch die immer effektiveren Fangmethoden werden die Bestände zunehmend überfischt. Doch nicht nur Thunfische gehen beim Fang ins Netz. Delfine, Schildkröten, Rochen, Wale und Seevögel gehören beispielsweise zum Beifang. Oft verenden die Tiere qualvoll in den Fangnetzen oder sie werden einfach verletzt zurück ins Meer geworfen.
Vor der Westküste Mittelamerikas, wo Delfinschulen und Gelbflossenthunfische eine Fressgemeinschaft bilden, sind Delfine durch rücksichtslose Fangmethoden gefährdet. Bei den Hetzjagden auf Thunfische werden auch sie bis zur Erschöpfung vorangetrieben und geraten schließlich mit in die Ringwadennetze. Jungtiere werden dabei nicht selten von ihren Müttern getrennt oder sterben. Dieses qualvolle Schicksal ereilt mehrere Hundert Delfine pro Jahr.
Oft gehen beim Thunfischfang Delfine als Beifang mit ins Netz und werden dabei verletzt oder sterben. Foto: joakant via Pixabay
Achten Sie auf dieses Logo: Safe ist vom EII geschützt und wird ausschließlich an Firmen vergeben, die am Kontrollprogramm für delfinsicheren Thunfisch beteiligt sind.
Delfin-Schutzprogramm Safe
Sollten Sie sich dennoch zum Kauf von Thunfisch entschließen, achten Sie auf den Produkten auf das Siegel des Delfin-Schutzprogramms Safe, das vom Earth Island Institute vergeben wird. Eine Auszeichnung mit diesem Logo setzt voraus, dass Delfine auf der Fangfahrt weder gejagt noch mit Netzen umkreist werden – Treibnetze dürfen gar nicht zum Einsatz kommen. Tier- und Naturschutzorganisationen, darunter Greenpeace, Humane Society International, Animal Welfare Institute und viele weitere unterstützen die Initiative.
Mehr Infos zum Thema finden Sie im Thunfischbericht des MSC.
Tipp der Redaktion:
Am 12.10.2020 startet die vom Aquaculture Stewardship Council (ASC) und dem Marine Stewardship Council (MSC) gemeinsam ins Leben gerufene Aktionswoche FischGewiss für mehr Nachhaltigkeit beim Fischkonsum.
Unter dem Motto „Genuss mit Zukunft“ rufen zahlreiche Partner der beiden NGOs aus Handel und Wissenschaft Verbraucher dazu auf, sich für gesunde Fischbestände und Gewässer zu engagieren. Konsumenten sollen bewusst zu nachhaltig gefangenem oder verantwortungsvoll gezüchtetem Fisch greifen. Die Aktion geht bis zum 18.10.2020.
Weitere Infos finden Sie hier.
6. Keine gefährdeten Fische oder Exoten kaufen
Konsumieren Sie keine vom Aussterben bedrohte Fischarten. Aal und Rotbarsch beispielsweise sollten besser nicht auf dem Teller landen, denn sie sind mittlerweile in ihrem Bestand gefährdet. Auch weitere beliebte Speisefische wie Kabeljau, Hering und Lachs sind laut Greenpeace nur eingeschränkt empfehlenswert. Achten Sie hier besonders auf die Kennzeichnung der Produkte. Diese geben Auskunft über Fanggebiet, Fangmethode oder ob das Produkt aus einer nachhaltigen Fischerei stammt.
Hai, Delfin, Schildkröte und Co. gelten beispielsweise in China als Delikatesse, allerdings sollten diese gefährdeten Meerestiere keinesfalls auf unserer Speisekarte stehen.
Nutzen Sie auch die Fischeinkaufsratgeber, welche die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und der WWF jeweils herausgegeben haben. Darin erklären sie Ihnen, worauf Sie bei einem nachhaltigen Fischkonsum achten müssen und welche Fischarten vom Aussterben bedroht sind.
Den Ratgeber von Greenpeace gibt es übrigens auch als App: im Apple App-Store, im Google Playstore oder als Direkt-Download für Android.
Fazit: Nachhaltiger Fischkonsum schützt die Umwelt
Wer Fisch bewusst und in Maßen konsumiert, kann einen großen Beitrag zum Schutz unserer Umwelt leisten. Die Devise lautet: informieren und wenn nötig nachfragen: „Woher kommt mein Fisch?“ Einige Siegel geben Aufschluss darüber, wo und vor allem wie der Fisch gehalten und gefangen wurde – so fällt es leichter, einen Überblick an der Menge an Fischprodukten im Supermarkt zu behalten.
Zum Abschluss empfiehlt Manuel Antonio Pereira Lima, Fischsommelier und Verkaufstrainer Fisch bei Edeka:
„Nachhaltigkeit hört beim Kochen nicht auf. Wir beschränken uns meist auf das Filet vom Fisch und schmeißen den Rest weg. Das muss nicht sein! Die sogenannte Nose-to-Tail-Küche nutzt auch die restlichen Teile des Fischs für leckere Gerichte und spart so eine Menge Abfall. Aus Fischknochen lässt sich eine schmackhafte Brühe herstellen und Reste können für Dips und Soßen genutzt werden. Sogar Fischköpfe, die oft weggeworfen werden, ergeben ein köstliches Curry.“